Gelebte Tierrechte
Die Journalistin Hilal Sezgin behandelt in ihrem neuesten Werk "Artgerecht ist nur die Freiheit" ein wichtiges, aber weit gehend marginalisiertes Thema: die Tierethik. Sezgin wirft darin die Frage auf, wieso wir Menschen uns einen höheren Stellenwert zumessen als anderen Lebewesen. Zunächst erläutert sie Schlüsselbegriffe wie "Moralität" und "Speziesismus". Sodann hinterfragt sie, inwieweit wir Tiere für unsere Zwecke quälen, töten oder nutzen dürfen. Dabei hält sie den Lesern einen Spiegel als Konsumenten von Tierprodukten vor, was die Lektüre nicht immer angenehm macht. Dies tut sie jedoch auf unaufdringliche Weise und ohne belehrend zu wirken.
Grundsätzlich befürwortet die Autorin eine völlige Gleichberechtigung von Menschen und (anderen) Tieren. Deshalb hält sie es auch nicht für besonders überzeugend, statt zum Billigfleisch zum teureren Bioprodukt zu greifen. Vielmehr spricht sie sich für eine ethisch motivierte vegane Gesellschaft aus. Dabei geht es ihr bei Weitem nicht nur ums Essen, sondern um sämtliche Lebensbereiche, die von Tierethik betroffen sind – einschließlich Bekleidung aus Tierprodukten, Haustierhaltung und Tierversuche in der Forschung. Ihre Argumente provozieren oft Widerspruch, was das Buch aber gerade interessant macht. Sie regen den Leser zum kritischen Reflektieren seines Kaufverhaltens und vielleicht sogar zum Umdenken an.
Sezgin hat sich als Feuilletonistin für die "Zeit", die "Frankfurter Rundschau" und die "Süddeutsche Zeitung" einen Namen gemacht, was man ihrem leichtfüßigen und unprätentiösen Schreibstil anmerkt. Souverän reflektiert sie philosophisches Gedankengut von René Descartes (1596-1650) bis Jürgen Habermas (geb. 1929). Durchweg gelingt ihr eine verständliche, flüssig zu lesende Darstellung – auch, weil sie Detailbetrachtungen in den gut 50 Seiten starken Anhang auslagert. Hier findet man nützliche Anmerkungen, Quellenangaben und Literaturempfehlungen. Kompakte Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels helfen, sich rasch einen Überblick über das Werk zu verschaffen beziehungsweise das vorher Gelesene einzuprägen.
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