Bienenfreundliche Gartengestaltung
Auf erlebnisreichen Spaziergängen führt uns Dave Goulson in verschiedenen Jahreszeiten durch seinen Garten, ein offenbar weitläufiges, vielgestaltiges Gelände im Süden Englands. Er ist Biologieprofessor an der University of Sussex und seit Jahrzehnten Hummelforscher. Voller Begeisterung erzählt er aber nicht nur von seinen Entdeckungen an diesen Wildbienen, deren Königinnen alljährlich kleine neue Staaten heranzüchten. Goulson macht seine Leser auch mit einer Vielzahl anderer Insekten vertraut, die in England – wie auch Deutschland – Pflanzen bestäuben und daher für die Natur und uns alle unabdingbar sind.
Praktische Tipps für Hobbygärtner
Sein großer Garten bietet Rasen, Wiese, Gehölze sowie allerlei »wilde« Ecken – vor allem vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst einen Reichtum an »Blumen« und blühenden Büschen. Jedoch möchte Goulson gerade auch Hobbygärtnern mit winzigen Grundstücken zeigen, wie es gelingt, selbst bei wenig Platz, sogar auf einem Balkon, mit passendem Pflanzenangebot eine Vielzahl von Bestäuberarten anzulocken. Sein Hauptanliegen: vom spannenden ökologischen Zusammenspiel dieser Insekten mit ihren Wirtspflanzen erzählen und seine Leser anregen, selbst im Garten eine kleine Oase anzulegen und dort eigene Beobachtungen anzustellen. Es gilt, Bedingungen zu schaffen, wo Wildbienen und Co. sich wohl fühlen, also genügend Nahrung, Brutmöglichkeiten und im Winter Unterschlupf finden. Ausdrücklich betont der Autor, dass solch ein Garten keineswegs verwildert aussehen muss.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit beschreibt er neben vielen Wildbienenarten insbesondere Aussehen und Verhalten diverser Wespen, ebenso von einer Anzahl Schwebfliegen – die Bienen oder Wespen oft täuschend ähneln – sowie vieler Schmetterlinge und ein paar Käfern. Meist gibt es dazu Fotos, zum genaueren Bestimmen teils auch Zeichnungen, und immer wieder kleine Geschichten aus eigener Forschung. Wir erfahren einiges über die verschiedenen Lebenszyklen und Jahreszeiten jeder Art, ihr Brutverhalten und ihre Überwinterung – und natürlich ihre speziellen Nahrungsbedürfnisse, sprich: die von ihnen bevorzugten Blüten, die ihnen Pollen und Nektar bereitstellen. Selbst die diversen Kuckucksbienen erörtert Goulson liebevoll. Einige davon legen ihre Eier in Hummelnester, doch die meisten Arten sind auf solitäre (nicht Staaten bildende) Bienen spezialisiert.
Viele Seiten, ebenfalls bebildert, sind den jeweils begehrtesten Blütenpflanzen gewidmet, wiederum mit manch netter kleiner Erzählung zu den sie besuchenden Insekten garniert. Allerdings verwundert es, dass den Autor, im Klappentext als bekannter Naturschützer ausgewiesen, die ursprüngliche Herkunft der von ihm angepriesenen Pflanzen nicht kümmert. Die Arten, die er empfiehlt, stammen aus der ganzen Welt, offenbar frei nach der englischen Gartentradition, Botanisches aus aller Herren Länder zu kultivieren. Zwar sind auch viele einheimische Kräuter, Stauden und Gehölze darunter. Doch Goulson freut sich sogar, dass ein paar an sich in Britannien und selbst Europa fremde Pflanzen seine Hummeln schon im Februar oder noch im November beglücken. Allein das gute Nektar- und Pollenangebot zählt für ihn. Dazu sind ihm auch verschiedene vom Menschen gezüchtete Pflanzen willkommen.
Ein eigener Abschnitt widmet sich der gärtnerischen Praxis: Der Forscher gibt Tipps, wie man sich geeignete Gewächse und Samen selbst beschafft und etwa eine reich blühende Wiese anlegt; oder wie man für passable Nistmöglichkeiten und Winterunterkünfte der bestäubenden Insekten sorgt. Viele Angebote im Handel kommen dabei nicht gut weg. Die Pflänzchen, die man dort erhält, sind oft giftbesprüht und schaden daher ihren Bestäubern. Die üblichen »Insektenhotels« erfüllen meist nicht ihren Zweck, etwa wegen zu großer Einschlupflöcher. Stattdessen gibt es fantasievolle, leicht machbare Alternativen, mit denen der Autor gute Erfahrungen hat. Er weiß zudem, wie man auf natürliche Weise mit Schädlingen fertigwird.
Dass dieses Buch Laien ansprechen soll, merkt man am lockeren, manchmal etwas unbekümmert-flapsigen, dabei unterhaltsamen, humorigen Stil und den persönlichen Einflechtungen, etwa über Lieblingsinsekten. Eine Hummelkönigin auf der Suche nach einem geeigneten Loch im Boden für ihr Nest »hofft«, eine gemütliche Behausung vorzufinden, und verlässt die Stelle dann wieder »enttäuscht«. Schnecken »vertilgen mit Vergnügen« Gemüsepflänzchen. Winzige Solitärbienen »warten anscheinend geduldig darauf«, dass der Rasen einmal nicht gemäht wird, weil dann nämlich kleine Blumen sprießen.
Experten mögen sich manchmal am unsauberen Vokabular stören. Wörter wie »Blumen« und »Blüten« werden etwa nicht streng wissenschaftlich benutzt. Von »Hummeln« und »Bienen« ist abwechselnd die Rede, bis der Leser endlich nach über 30 Seiten erfährt, dass Hummeln Echte Bienen sind und stets Hummeln gemeint waren. Da mag der englische Begriff »bumble bee« die Übersetzung erschwert haben, wie vermutlich ähnlich an anderen Stellen. So unterscheidet die englische Laiensprache zwischen Schmetterling für Tagfalter und Nachtschmetterling; im Deutschen ist das nicht üblich. Die meisten Beobachtungen gelten für Südengland, doch bezieht sich die deutsche Übersetzung stellenweise auf die hiesige Fauna und Flora, allerdings nicht konsistent. Der Leser muss manchmal raten. Trotz solcher Ungenauigkeiten dürfte der Band auch versierten Naturfreunden vielerlei Anregung bieten, zumal sich die Verhältnisse in beiden Ländern in vielem ähneln.
Das Buch eignet sich mehr zum Schmökern als zum Nachschlagen. Vielleicht hat der Autor es aus seinem reichen Fundus und seinen anderen Büchern, die ebenfalls bei Hanser erschienen sind, zu dem neuen Zweck zusammengestellt, was den Wert der Lektüre nicht schmälert. Für Gartenfreunde, die Insekten beobachten möchten – oder selbst ein wenig forschen wollen –, ist es zu empfehlen. Sie erhalten viele Anregungen und Ideen, wie schon auf einem kleinen Flecken Land mit bescheidenen Mitteln ein ökologisches Paradies möglich wird.
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