Buchkritik zu »Biochemie der Ernährung«
Wir erzählen unseren Studenten zwar immer, dass die Biochemie die Grundlage unserer Ernährung ist, die von uns dargestellten Reaktionen und Prinzipien ihre Anwendung auf die tägliche Leistungsfähigkeit hätten, die wir von ihnen erwarten. Aber es bleibt doch immer recht blasse Theorie in ihren Vorstellungen, nicht des Lebens nährende Kraft. Die "richtige" Ernährung überlassen wir dann den Diätköchinnen und Apotheken-Ratgebern. Dabei wissen wir, dass die Ernährungswissenschaften Holz von unserem Holz sind, ein etabliertes Fach mit Prüfungsordnungen und Institutionen bis in ministerielle Höhen, und ihr Reiz gerade darin liegt, Erfahrungswissen und Praxis wissenschaftlich zu unterfüttern. Trotzdem sind Ernährungswissenschaftliche Fakultäten bei uns rar, meist bei den Landwirtschaftlichen Hochschulen angesiedelt. Man kann sie an den Fingern abzählen. Aber, wo sie sind, wird Biochemie in höchst interessanter, angewandter Weise betrieben. Denn verstandene Ernährung ist spezifisch auf uns bezogene Biochemie. Hier beweist das ein Lehrbuch aus Giessen und Weihenstephan, das so gut "angekommen" ist, dass es nach zwei Jahren in zweiter, etwas überarbeiteter und um "molekulare" Exkurse erweiterter Auflage, aber in gleicher schöner Ausstattung daherkommt. Es zeigt, welche Anforderungen heute die akademischen Ernährungswissenschaftler an sich stellen, zugleich mit welcher belehrender Begeisterung sie das ihren Studenten zu vermitteln suchen und, was man von diesen erwarten kann, wenn sie diese Inhalte, die ihnen mit Überzeugung und Geschick angeboten werden, aufnehmen, verarbeiten und verinnerlichen – wie eine gut zusammengestellte Nahrung. Die spezielle Perspektive und Fokussierung macht für jeden mit Stoffwechsel-Verständnis das Buch außerordentlich anregend, und er wird die Umsicht erkennen, mit der der Stoff ausgesucht, durchgearbeitet und ver-teilt ist. Er setzt bereits allerhand Verständnis in Chemie, Biologie und Physiologie voraus, bezieht es hier natürlich primär auf den Menschen, seine Nahrungsverarbeitung und -nutzung, wenn auch viel aus Modellen bis hinunter zu Fadenwürmern und Mikroorga-nismen gewonnen und rück-übertragen wird. In einer Reihe von Einschüben werden Kapi-tel aus der Molekularen Zellbiologie, der Protein-Dynamik und der wesentlichen, auf Fehlernährung zurückgeführten Krankheiten und Stresssituationen angerissen, die die Zu-sammenhänge zwischen Grundlagen und Lebensalltag andeuten.
Entsprechend ihren Arbeitsgebieten und mit einem gemeinsamen klugen Plan haben sich die beiden Autorinnen zusammengetan. Den ersten Teil bestreitet eine Membranologin. Entsprechend geht es um die Funktion der Membranen einer Eukaryotenzelle, von der äußeren, die als Stoffwechselschleuse und Kontrollschranke zwischen den Zellen der Verdauungsorgane und dem Milieu dient; die innere. Kompartimentierung durch Membranen; und membranumgrenzte Organelle, in denen, abgesehen vom Funktionsprogramm, die Synthe-se und der Abbau von Stoffen molekular stattfinden, mit und ohne Spaltung von C-C-Bindungen, durch Enzyme, deren Katalyse durch Stofffluss oder Strukturelemente der Prote-ine geregelt wird, an denen Regelungsmoleküle, Hormone des Stoffwechsels, angreifen. Das ist wirklich tadellos dargestellt, modern und vielseitig, ohne alten Ballast, der früher solche Lehrbücher hausbacken und altmütterlich machte. Außerdem hat die Auto-rin ihren Computer zum Zeichnen guter Schemata dressiert, während der völlig korrekte Formeldruck doch ein wenig dünn geraten ist, die Ringwolke der aromatischen Elektronen den strukturgebenden Sechsring verdüstert. Aber alles ist didaktisch durchdacht, einprägsam und ästhetisch.
Der zweite Teil befasst sich, von einer Kennerin der Transportkinetiken und der molekularen Resorption von essentiellen Stoffen geschrieben, mit der Stoffwechselregulation in den, aus so viel membran-abgegrenzten Räumen aufgebauten Organen des Menschen. Auch dies ist auf aktuellem und zum Teil eigen-erarbeitetem Stand; das Neue nicht nur nachgeschoben, sondern ausführlich und tragend eingearbeitet. Der Gefahr wird stand-gehalten, den Visionen der molekularen Diätetiker und Nutrazeutiker offenen Raum zu geben.
Aber dennoch ist hier nichts von Küchendunst und Schürzenbiederkeit zu spüren. Alles bleibt lebensnah beim Thema. Ganz logisch beginnt es bei der Nahrungsaufnahme und den sie lenkenden Sinnesempfindungen. Es folgen ausführlich die Nahrungsstoffe in ihren Klassen, einschließlich der essentiellen Mikrowirkstoffe. Nächst kommt die Er-zeugung der nutzbaren physiologischen Energie aus den aufgenommenen Stoffen. Geschickt wird ein Kapitel über Organentwicklung und Zelldifferenzierung fugenlos eingeschlossen und dann die Vorgänge in den einzelnen Organensembles biochemisch dargestellt, gründ-lich besprochen und mit Daten und Tabellen belegt, mit Diagrammen veranschaulicht. Auch hier ist Systematik: Der Magen-Darmtrakt mit seiner Histologie und seinen Verdauungsenzymen; das Blut als Organ der Homöostase und der Sauerstoffversorgung; die Leber in der der Großteil der Stoffwechselreaktionen feingeordnet abläuft; das Fettgewebe, nicht nur als Speicher, sondern als Hormonproduzent seiner eignen Kontrolle; der Mus-kel, Bewegungsorgan und Proteinreserve; die Niere der Endausscheidung nach Rückresorp-tion des Wiederverwendbaren. Ein ausführliches Register gibt einen Eindruck von der Stofffülle, die aus der phsysiologischen und Pathobiochemie zweckgerichtet extrahiert und gefiltert wurde. Die Ta-bellen enthalten Vergleichbares übersichtlich. Die Abbildungen zeigen, unter anderem auch, mit wie wenig Farbigkeit gescheite Zeichner auskommen können und doch alles zeigen, das zeigenswert ist.
Wie in jedem handfesten Lehrbuch müssen Aussagen sicherer sein als die dif- und konfuse Wirklichkeit. Die die Regel bestätigenden Ausnahmen würden die Zielgruppe verwirren; Studierende der Ernährungswissenschaften und der Biologie, besonders auch in Vorberei-tung für das Lehrfach. Aber auch den Biochemikern sei empfohlen, in ihren Kursen mehr auf die Anwendung als auf die Anhäufung zu achten. In diesem Buch ist so viel fleißig zusammengetragen, dass ausgewählt werden kann. Es ist ein gelungenes – und in dieser Neuauflage noch gelungeneres – Lehrbuch zielgerichteter Biochemie.
Entsprechend ihren Arbeitsgebieten und mit einem gemeinsamen klugen Plan haben sich die beiden Autorinnen zusammengetan. Den ersten Teil bestreitet eine Membranologin. Entsprechend geht es um die Funktion der Membranen einer Eukaryotenzelle, von der äußeren, die als Stoffwechselschleuse und Kontrollschranke zwischen den Zellen der Verdauungsorgane und dem Milieu dient; die innere. Kompartimentierung durch Membranen; und membranumgrenzte Organelle, in denen, abgesehen vom Funktionsprogramm, die Synthe-se und der Abbau von Stoffen molekular stattfinden, mit und ohne Spaltung von C-C-Bindungen, durch Enzyme, deren Katalyse durch Stofffluss oder Strukturelemente der Prote-ine geregelt wird, an denen Regelungsmoleküle, Hormone des Stoffwechsels, angreifen. Das ist wirklich tadellos dargestellt, modern und vielseitig, ohne alten Ballast, der früher solche Lehrbücher hausbacken und altmütterlich machte. Außerdem hat die Auto-rin ihren Computer zum Zeichnen guter Schemata dressiert, während der völlig korrekte Formeldruck doch ein wenig dünn geraten ist, die Ringwolke der aromatischen Elektronen den strukturgebenden Sechsring verdüstert. Aber alles ist didaktisch durchdacht, einprägsam und ästhetisch.
Der zweite Teil befasst sich, von einer Kennerin der Transportkinetiken und der molekularen Resorption von essentiellen Stoffen geschrieben, mit der Stoffwechselregulation in den, aus so viel membran-abgegrenzten Räumen aufgebauten Organen des Menschen. Auch dies ist auf aktuellem und zum Teil eigen-erarbeitetem Stand; das Neue nicht nur nachgeschoben, sondern ausführlich und tragend eingearbeitet. Der Gefahr wird stand-gehalten, den Visionen der molekularen Diätetiker und Nutrazeutiker offenen Raum zu geben.
Aber dennoch ist hier nichts von Küchendunst und Schürzenbiederkeit zu spüren. Alles bleibt lebensnah beim Thema. Ganz logisch beginnt es bei der Nahrungsaufnahme und den sie lenkenden Sinnesempfindungen. Es folgen ausführlich die Nahrungsstoffe in ihren Klassen, einschließlich der essentiellen Mikrowirkstoffe. Nächst kommt die Er-zeugung der nutzbaren physiologischen Energie aus den aufgenommenen Stoffen. Geschickt wird ein Kapitel über Organentwicklung und Zelldifferenzierung fugenlos eingeschlossen und dann die Vorgänge in den einzelnen Organensembles biochemisch dargestellt, gründ-lich besprochen und mit Daten und Tabellen belegt, mit Diagrammen veranschaulicht. Auch hier ist Systematik: Der Magen-Darmtrakt mit seiner Histologie und seinen Verdauungsenzymen; das Blut als Organ der Homöostase und der Sauerstoffversorgung; die Leber in der der Großteil der Stoffwechselreaktionen feingeordnet abläuft; das Fettgewebe, nicht nur als Speicher, sondern als Hormonproduzent seiner eignen Kontrolle; der Mus-kel, Bewegungsorgan und Proteinreserve; die Niere der Endausscheidung nach Rückresorp-tion des Wiederverwendbaren. Ein ausführliches Register gibt einen Eindruck von der Stofffülle, die aus der phsysiologischen und Pathobiochemie zweckgerichtet extrahiert und gefiltert wurde. Die Ta-bellen enthalten Vergleichbares übersichtlich. Die Abbildungen zeigen, unter anderem auch, mit wie wenig Farbigkeit gescheite Zeichner auskommen können und doch alles zeigen, das zeigenswert ist.
Wie in jedem handfesten Lehrbuch müssen Aussagen sicherer sein als die dif- und konfuse Wirklichkeit. Die die Regel bestätigenden Ausnahmen würden die Zielgruppe verwirren; Studierende der Ernährungswissenschaften und der Biologie, besonders auch in Vorberei-tung für das Lehrfach. Aber auch den Biochemikern sei empfohlen, in ihren Kursen mehr auf die Anwendung als auf die Anhäufung zu achten. In diesem Buch ist so viel fleißig zusammengetragen, dass ausgewählt werden kann. Es ist ein gelungenes – und in dieser Neuauflage noch gelungeneres – Lehrbuch zielgerichteter Biochemie.
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