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Der Name ist Programm

Das vorliegende Werk enthält 35 gut lesbare Beiträge, die unterschiedliche Anwendungen von Mathematik im Alltag und in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen beschreiben. Zum Teil verweisen sie aufeinander, sind aber gleichwohl unabhängig voneinander lesbar. Der Buchtitel spielt auf Beitrag 14 an, der sich mit rekursiv definierten Folgen und ihren Anwendung bei Räuber-Beute-Problemen beschäftigt.

Autor Richard Elwes, Jahrgang 1978, ist in Deutschland bisher noch nicht durch Veröffentlichungen in Erscheinung getreten. Auf seiner Homepage erfährt man, dass er einen Mathematik-Lehrauftrag an der University of Leeds (England) hat. Einige Beiträge von ihm erschienen in populärwissenschaftlichen Zeitschriften wie dem "New Scientist", außerdem hat Elwes mehrere Mathematik-Sachbücher in englischer Sprache verfasst.

Für den ersten Abschnitt, also den Einstieg des Buchs, hat der Autor ein merkwürdig sprödes Thema ausgewählt: die verschiedenen Stufen des Wissens. Eine seltsame Entscheidung, die sich nicht recht nachvollziehen lässt. Elwes beschreibt hier, dass Personen mitunter gewisse (Er-) Kenntnisse über andere Personen haben, aber nicht wissen, ob diese wissen, dass die jeweils anderen diese Kenntnisse haben. Der Autor verdeutlicht das an einem klassischen Beispiel: Einige Gäste eines Banketts haben Speisereste im Gesicht, was sie selbst nicht bemerken, die anderen aber wohl. Aus Höflichkeit weist niemand die Betroffenen auf ihren Makel hin; stattdessen schlägt der Butler solange auf einen Gong, bis ihnen die Peinlichkeit auffällt und sie sich säubern. Im zweiten Teil des Abschnitts geht Elwes unvermittelt zum Prinzip des "Bayesianischen Updatens" über, welches er allerdings so kurz behandelt, dass viele Leser ratlos zurückbleiben werden – es sei denn, sie berücksichtigen einen eingeschobenen Hinweis des Übersetzers Carl Freytag und ziehen ein anderes Buch zu Rate, das kürzlich im gleichen Verlag erschien und von Freytag ins Deutsche übertragen wurde. Der Abschnitt endet mit einem kurzen Ausflug in die Logik (oder Unlogik) des Marktes, der ebenfalls reichlich Fragen aufwirft, aber auf einen späteren Beitrag verweist, in dem diese beantwortet werden.

Hohe Einstiegshürde

So mancher Leser wird bei der Lektüre dieser ersten Seiten versucht sein, das Buch enttäuscht beiseite zu legen. Ihm sei gesagt, dass die Mehrzahl der folgenden Kapitel erheblich leichter lesbar und inhaltlich interessanter sind. Sie befassen sich mit Fragestellungen, die in der Chemie, Astronomie, Physik oder Informatik eine wichtige Rolle spielen. Ihre Reihenfolge entspricht keinem erkennbaren Prinzip – eine "Unordnung", die das Anliegen des Autors unterstreicht, die Vielfalt mathematischer Anwendungen in unserer Welt aufzuzeigen.

Chemie-Interessierte werden mit Sicherheit Gefallen an dem Beitrag über Baumstrukturen und atomare Netze finden. Technikliebhaber wiederum erfahren, was die Fluchtpunkte in Kunstwerken mit der Orientierung von Robotern im Raum zu tun haben. Man findet Abschnitte, die sich mit dem Problem gerechter Wahlen beschäftigen, und andere, die erläutern, worauf Computergrafiker achten müssen. Auch spricht der Autor die Nützlichkeit von Gruppentestverfahren an, ebenso wie Methoden der Wettervorhersage, die Bedeutung des Simplex-Algorithmus im Kontext der ökonomischen Optimierung oder die Abstände von Knoten in sozialen Netzwerken. Ein Beitrag befasst sich mit Börsenspekulation, Hedgefonds, Derivaten und Ähnlichem, und erklärt das Thema spannend und verständlich am Beispiel der Spekulationsblase auf dem holländischen Tulpenmarkt 1636/37.

Viele Leser dürfte überraschen, wie vielfältig sich mathematische Methoden anwenden lassen: nicht nur in den Naturwissenschaften, der Informatik und Technik, sondern auch in der Ökonomie, Soziologie und Philosophie. Im Gesamteindruck nimmt sich das Werk jedenfalls überzeugender aus als nach der Lektüre einzelner Beiträge, die isoliert nicht immer sehr ergiebig erscheinen. Ein Stichwortverzeichnis am Ende erleichtert das Auffinden bestimmter Themen, was wegen der unübersichtlichen Struktur des Werks auch notwendig ist. Mitunter versucht der Autor, anhand einfacher Beispielrechnungen die Mathematik etwas konkreter werden zu lassen – es gelingt ihm jedoch nicht durchweg. Für erhebliche Irritation sorgt zudem, dass das Buch keinen einzigen konkreten Literaturhinweis enthält. Möchte der Leser mehr über die einzelnen Themen erfahren, ist er auf Internet-Suchmaschinen angewiesen. Alles in allem ein zwar interessantes Buch, aber mit deutlichen Mängeln.

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