Das ewige Rätsel um E.T.
Wie viele Planeten gibt es? Keine leicht zu beantwortende Frage. Die meisten heute Erwachsenen lernten in der Schule: neun. Seit 2006 sind es aber nur noch acht, denn Pluto gilt nunmehr als Zwergplanet. Doch im gleichen Zeitraum ist die Zahl der bekannten Exoplaneten – jener also, die um andere Sterne als die Sonne kreisen – rasant auf derzeit rund 1500 gestiegen. Weitere 3300 Planetenkandidaten harren ihrer Bestätigung durch die Astronomen. Wie viele bewohnte Welten mag es da draußen geben? Das weiß niemand. Zumindest aber haben wir gelernt, dass Planeten in der Milchstraße sehr häufig vorkommen. Ihre Zahl geht vermutlich in die Milliarden. Es erscheint also denkbar, dass es im All noch andere Lebewesen gibt als uns Erdenbewohner.
Dies ist der gedankliche Ausgangspunkt von Ben Moores Buch. Der Autor arbeitet als Astrophysiker in Zürich und ist Experte auf dem Gebiet der Astrobiologie – einer Wissenschaftsrichtung, die sich mit dem Ursprung, der Evolution und der mutmaßlichen Verbreitung von Lebewesen im Universum befasst. Wie und wo entstand das irdische Leben? Unter welchen Bedingungen geht unbelebte Materie in belebte über? Und wie könnten extraterrestrische Wesen aussehen? Spannende Fragen, die verschiedenste Bereiche wie Astronomie, Biologie, Chemie, Geologie, Medizin und Philosophie berühren.
Die Planeten vor Sternen nicht sehen
Moore erläutert zunächst, wie Astronomen heute Exoplaneten entdecken. In geraffter Form stellt er verschiedene Techniken vor, die darauf abzielen, schwach leuchtende Sternbegleiter neben ihren viel helleren Zentralgestirnen nachzuweisen – entweder im direkten Licht, als Schatten oder durch ihre Schwerkraftwirkung. Leider verzichtet der Autor hier komplett auf Infografiken und Illustrationen, was es den Lesern unnötig erschwert, ihm zu folgen.
Sodann versucht sich Moore an einer Definition von "Leben". Ein schwieriges Unterfangen, denn diesbezüglich herrscht unter Biologen keine Einigkeit. Für viele Eigenschaften, die solche Definitionen typischerweise auflisten, kann man bereits auf der Erde Gegenbeispiele finden. Viren etwa sind ein komplizierter Grenzfall: Da sie keinen eigenen Stoffwechsel besitzen und sich nicht selbst replizieren können, sind sie recht eindeutig keine Lebewesen. Andererseits fällt es aber schwer, sie als tote Materie anzusehen. Erschwerend kommt hinzu, dass fremdes Leben auf komplett anderer Chemie basieren könnte als irdisches.
In den folgenden Kapiteln umreißt der Autor, wie sich das Leben auf der Erde entwickelt hat. Detailliert erörtert er, warum er die These favorisiert, dass die ersten komplexen Moleküle außerhalb der Erde entstanden und bei Kometeneinschlägen auf unseren Planeten gelangten. Wenn diese These richtig ist, müssten in der Frühzeit des Sonnensystems sämtliche Planeten mit den "Molekülen des Lebens" geimpft worden sein. Existieren also womöglich extraterrestrische Organismen in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft?
Aliens nebenan
Moore diskutiert sämtliche Planeten und Monde unseres Sonnensystems, auf denen Lebewesen prinzipiell existieren könnten. Den ernüchternden Befund dieser Betrachtungen kennen wir: Es gibt bei keinem von ihnen auch nur einen schwachen Hinweis auf außerirdische Organismen. Die besten Kandidaten sind der Mars, der früher einmal flüssiges Wasser besaß; der Saturnmond Titan, der über Kohlenwasserstoff-Ozeane sowie eine Atmosphäre verfügt; und der Jupitermond Europa, der unter einer dicken Eisschicht ein tiefes Meer flüssigen Wassers birgt. Moore führt diesbezügliche wissenschaftliche Fakten auf und erläutert, wie sich unsere Vorstellungen über extraterrestrisches Leben innerhalb unseres Sonnensystems im Lauf der Geschichte geändert haben.
Der Autor widmet sich auch möglichem Leben auf Exoplaneten und spielt durch, wie wir mit fremden Wesen Kontakt aufnehmen könnten. Zudem unternimmt er Ausflüge in die Sciencefiction. Moore analysiert berühmte Klassiker der Literatur und diskutiert, in welchen Punkten die Autoren richtig lagen – oder auch nicht. Dieses Kapitel liest sich besonders nett, zumal der Autor zugibt, dass er selbst begeistert fiktionale Literatur liest. Besonders erstaunlich ist sie, wenn sie Erfindungen vorweg nimmt – etwa die Mobiltelefon-Technologie.
Eine der berühmtesten Erfindungen der Sciencefiction jedoch, das Beamen, wird ein Wunschtraum bleiben. Zwar kann man heute Quantenzustände instantan über so genannte Quantenverschränkungen übertragen, es scheint jedoch weiterhin unmöglich, komplexere Objekte überlichtschnell transportieren zu können. Bemannte Reisen von Stern zu Stern sind damit wohl de facto ausgeschlossen. Das hindert Moore aber nicht daran, in den letzten Kapiteln zu spekulieren, ob die Erde bereits von Außerirdischen besucht wurde, oder wie sich Zivilisationen in der Milchstraße ausbreiten könnten. Solche Gedankenspiele sind äußerst reizvoll. Hätten die Wesen solch einer Zivilisation eine Moral? Hätten sie Gefühle? Wie würde sich der Kontakt mit ihnen gestalten?
"Da draußen" ist eine gelungene Reise durch die Astrobiologie, garniert mit Exkursen in die Sciencefiction. Die Exoplanetenforschung hat in den zurückliegenden Jahren riesige Fortschritte gemacht, was auch Spekulationen über außerirdisches Leben beflügelt. Wirklich neu ist Moores Buch jedoch nicht. Viele Punkte darin haben ganz ähnlich bereits Hoimar von Ditfurth in "Im Anfang war der Wasserstoff" (1972) oder Carl Sagan in "Unser Kosmos" (1982) behandelt. Und an diese beiden Klassiker kommt Moores Werk nicht heran.
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