Was Affen mit Hoffnung zu tun haben
Die Frage nach Hoffnung ist aktueller denn je. Doch was ist das überhaupt: Hoffnung? Und: Ist Hoffnung real? Diese und ähnliche Fragen stehen im Zentrum des »Buchs der Hoffnung« vom Schriftsteller Douglas Abrams und der Verhaltensforscherin Jane Goodall. Herausgekommen ist eine Biografie von Goodall, als Kombination aus Interview und Roman, gewürzt mit Informationen über unsere Umwelt sowie ethisch-philosophischen Überlegungen.
Jane Goodall, geboren 1934 in London, gilt als eine der bedeutendsten Wissenschaftlerinnen und inzwischen auch weltbekannte Umweltaktivistin. Sie selbst sieht sich lieber als Naturforscherin, die sich nicht bloß auf Fakten und Messbares konzentriert. Wie man lesen kann, hat sie sich ihre Kenntnisse im Lauf des Lebens selbst erarbeitet – als einfache Büroangestellte wird sie quasi zufällig damit betraut, mitten in Tansania das Verhalten der Schimpansen zu studieren. Es folgte ein Leben mit vielen Hindernissen und persönlichen Schicksalsschlägen. Ihr Buch soll jedoch eine Einladung zur Hoffnung sein, heißt es im einleitenden Kapitel. Es soll zeigen, wie wir auch in schweren Zeiten den Mut nicht verlieren. Jane – im Buch ist auch der Leser mit ihr und ihrem Koautor per Du – hat dafür vier Gründe.
Mensch und Natur
Da ist zunächst einmal der menschliche Intellekt, der sich wesentlich von dem von Tieren unterscheidet – und den Jane Goodall nicht mit Intelligenz gleichsetzt. So wie im Rest des Buchs spürt man immer wieder, dass sie sich mit solchen Fragestellungen ausführlich auseinandergesetzt hat. Insbesondere bei der Rettung der Umwelt seien die Herausforderungen groß. Doch Menschen hätten schon so vieles geplant, erschaffen und entwickelt, sollten sie nicht auch dafür Lösungen finden können? Mit Sätzen wie »Ich empfinde Ehrfurcht und Faszination für diese Welt (…) Aber wir zerstören sie, bevor wir sie ganz verstanden haben« kommen Abrams und Goodall ganz automatisch zu ihrem zweiten Hoffnungsgrund: der Widerstandskraft der Natur.
Zu den geschilderten Beispielen gehört die erstaunliche Geschichte vom »Survivor Tree«: Einige Wochen nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center 2001 wurde bei Aufräumarbeiten im verwüsteten Gelände die Hälfte einer verkohlten Chinesischen Birne gefunden, an der noch ein kleiner, unversehrter Ast hing. Der Baum bekam eine neue Chance; man versuchte, ihn in einer Baumschule aufzupäppeln – und schaffte es. Der Baum wurde wieder an seinen Heimatort versetzt und trägt nun alljährlich Blüten.
Dem Willen zum Leben kann der Mensch also entgegenkommen. Und wir sind schließlich von einer gesunden Natur abhängig, weiß die Primatenforscherin. Während der Zeit im afrikanischen Gombe habe sie gelernt, dass jedes Lebewesen eine Rolle spielt und alles miteinander verwoben ist, »wie bei einem Teppich. Jedes Mal, wenn eine Art ausstirbt, bekommt dieser Teppich ein Loch. Je mehr Löcher entstehen, desto schwächer wird das ganze Ökosystem.«
Jane Goodall ist nicht nur begeistert von Tieren und Pflanzen, sondern auch von Kindern. Für sie ist die junge Generation ein dritter Punkt, der Hoffnung gibt. Das erfährt man im nächsten Kapitel und lernt damit zugleich den Beginn eines weiteren Lebensabschnitts dieser unermüdlichen Frau kennen. 1991 rief sie die Jugendorganisation »Roots & Shoots« in Tansania ins Leben. Wie die Recherche zeigt, ist die Bewegung heute mit Gruppen in vielen Ländern der Welt vertreten und setzt sich für soziale Themen ebenso wie für die Umwelt ein. Für Goodall steht dahinter die Botschaft, dass jeder, egal ob jung oder alt, Spuren auf diesem Planeten hinterlässt – doch man könne bestimmen, wie diese aussehen.
Dazu passt der vierte Aspekt, der unbeugsame Kampfgeist aller. Die Aktivistin bezeichnet damit innere Stärke und den Mut, selbst bei miserablen Chancen ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Persönlichkeiten wie Martin Luther King Jr. oder Mahatma Gandhi hätten diesen Kampfgeist vorgelebt. Aber genauso erkennt sie ihn in vielen anderen, nicht bekannt gewordenen Menschen, die etwa eine schwere Krankheit besiegen. Zugleich macht sie bewusst, wie sehr wir einander brauchen und wie hilfreich gegenseitige Unterstützung sowie sozialer Rückhalt sind.
Mit einem Gedankenaustausch darüber, warum und wie ihr dieses hoffnungsvolle Leben gelingt, beginnen die letzten Seiten des Buchs. Es bleibt das lebendig charakterisierte Bild einer bemerkenswerten Frau, zusammen mit vielen Denkanstößen und einprägsamen Beispielen. Darunter findet sich etwa Goodalls »Kreislauf der Hoffnung«: Hoffen sei eng mit aktivem Tun verbunden, meint sie angesichts der Klimakrise. »Wir können hoffen, dass es für eine Umkehr noch nicht zu spät ist. Doch wir wissen auch, dass diese Umkehr nicht stattfinden wird, wenn wir tatenlos bleiben.« Wenn man aus Hoffnung aber handle, entstehe daraus wieder mehr Hoffnung.
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