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»Das geheime Leben der Eule«: Wie und wo die Käuze leben

Eulen haben einen zwiespältigen Ruf. Im Wald des Autors vermehren sie sich jedenfalls plötzlich. Eine Rezension
Porträtfoto einer überrascht guckenden Schneeeule.

Drei Meter. Näher lässt Old Brown auch seinen guten Bekannten nicht kommen. Old Brown ist ein Waldkauz auf dem Drei-Morgen-Land von John Lewis-Stempel. Der nachtaktive Vogel gleitet zwar schon mal im Dunkeln bei seiner Abendrunde direkt über den Kopf des Autors hinweg. Aber dieser Mindestabstand muss sein, wenn sich der Mensch seinem Platz auf einem Ast einer Kastanie nähert. Auch wenn der als Zeichen des Friedens beim Näherkommen die Hände in die Taschen steckt.

Der Autor und Waldbesitzer Lewis-Stempel ist neugierig auf seinen tierischen Waldbewohner. Er will mehr über das rätselhafte Geschöpf der Nacht wissen, dessen Ruf zwischen Unheilbringer und weisem Ratgeber rangiert. Und so durchforstet Lewis-Stempel Sagen, Legenden, literarische Zitate, Gedichte und Sachbücher auf Inhalte zu Eulen. Das Ergebnis seiner Spurensuche schildert er sehr abwechslungsreich in einem schön gestalteten Büchlein.

Sachwissen, Sagen oder Zitaten wie von Shakespeare

Lewis-Stempel stellt Texte von Schriftstellern wie Shakespeare, Baudelaire oder Aristoteles vor, die Eulen erwähnen, um damit Gefühle zu vermitteln. Meist für unheilvolle Ankündigungen.

»Und das Käuzlein kreischt und jammert, / Daß der Krank' es ahnend hört / und sich fest ans Kissen klammert«aus »Ein Sommernachtstraum« von William Shakespeare

»Arme Eulen«, schreibt der Autor über die Tiere, die oft als böses Omen auftreten. So verbreitet der Hofnarr Puck im »Sommernachtstraum« von Shakespeare Angst, wenn : »… das Käuzlein kreischt und jammert, / Daß der Krank' es ahnend hört / und sich fest ans Kissen klammert«. Im Gegensatz dazu gelten Eulen aber auch als weise Ratgeber und Glücksbringer. Kinder und Jugendliche kennen vielleicht »Harry Potters« treue Überbringerin von Nachrichten, die fiktive Schnee-Eule Hedwig, oder die freundliche und weise Eule im Kinderbuch »Pu der Bär« von A. A. Milne.

Eingebettet in diese gegensätzlichen Vorstellungen, die sich Menschen von den nachtaktiven Vögeln gemacht haben, beschreibt Lewis-Stempel auch, was wir aktuell über die Tiere wissen. Eulen sind zum Beispiel ein Zeichen für eine funktionierende Umwelt, denn sie jagen nur dort, so der Autor, wo es Leben zu erbeuten gibt. Wobei sie nicht nur an Mäusen interessiert sind. Steinkäuze fokussieren sich eher auf Insekten wie Maikäfer, Kohlschnaken und Ohrwürmer, schreibt Lewis-Stempel, auch wenn Wildhüter behaupten, sie seien auf der Jagd nach Küken. Andere Eulen fressen aber auch größere Tiere: eben alles, was aus Fleisch besteht; das reicht bis zu Rehkitzen, wie Analysen ihrer Gewölle zeigen. Kaninchen, Schneehasen, Hermeline und sogar Igel konnten so auf ihrer Speisekarte identifiziert werden.

Einige der über 200 Arten stellt Lewis-Stempel exemplarisch vor: mit einer feinen Zeichnung und einem kurzen Steckbrief, in dem unter anderem Größe und Gewicht vermerkt sind – wobei die Weibchen immer schwerer sind, beim Uhu beträgt der Unterschied sogar ein Kilo. Ins Buch schafft es zum Bespiel der Uhu (der Bubo bubo), die Waldohreule oder eben der Waldkauz. Der Autor schildert kurz deren Lebensweise, wo sie leben und warum einige von ihnen in Großbritannien eingewildert werden sollten, obwohl sie schon lange heimisch waren.

Auf dem Landsitz des Autors scheint es Old Brown anscheinend sehr zu gefallen, jedes Jahr zählt Lewis-Stempel mehr Eier im Waldkauznest. Den Grund vermutet er im verbesserten Nahrungsangebot, »indem wir das wuchernde Brombeergestrüpp, diesen Stacheldraht der Natur, eindämmten«. So kommen Old Brown und Family jetzt besser an ihr Futter. Abstand halten ist so für die Mäuse noch etwas schwieriger.

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