Viel verlangen, viel zurückgeben
Es gibt drei Sorten Mitarbeiter, glauben die Unternehmensberater Jörg Knoblauch und Benjamin Kuttler. Zur Kategorie A zählen die wirklich guten Leute. Kategorie B leistet Dienst nach Vorschrift. Und in Kategorie C fallen jene, die mehr schaden als nutzen. Konsequent empfahl der geistige Vater dieser Idee, der Manager Jack Welch vom US-Konzern General Electric, die Schwächsten auszusortieren.
Knoblauch und Kuttler stimmen zu einer solchen Auslese zu: Damit helfe man "einem Menschen raus aus einer Loser-Position und hinein in ein Umfeld, wo er sich wieder entwickeln kann". Für wie viele Betroffene dieses Märchen wahr wird, verraten sie allerdings nicht. Bei deutschen Unternehmen arbeiten im Schnitt 15 Prozent A-, 70 Prozent B- und 15 Prozent C-Mitarbeiter, wenn man den zitierten Daten glauben darf. "Unsere Zielvorgabe ist 80-20-0", schreiben Knoblauch und Kuttler.
Von McKinsey bis Dachdeckerei
Auf das ABC-Prinzip kommen die Autoren immer wieder zurück, darunter im letzten Kapitel, in dem sie 25 Erfolgsfaktoren des Personalmanagements zusammenfassen. Neben der "radikalen Fokussierung auf A-Mitarbeiter" empfehlen sie Maßnahmen wie Feedback-Kultur, Wertschätzung für Ältere und "unfaire", das heißt leistungsorientierte Bezahlung. Wissenschaftlich begründen können sie ihre Aussagen in der Regel nicht; als empirische Basis ziehen sie ihre eigenen Erfahrungen und andere Fälle heran, die gemeinsam den Löwenanteil des Buchs ausmachen. Beispielhaft schildern sie Methoden des Personalmanagements von 30 Unternehmen, darunter Apple und McKinsey, die deutsche Drogeriekette dm, aber auch lokale Größen wie eine Dachdeckerei.
Teils berichten Knoblauch und Kuttler von fortschrittlichen Anwerbestrategien, teils von Personalbeurteilung, Personalentwicklung oder Firmenkultur – ein oft anekdotisches, buntes Allerlei. Man erfährt, dass Programmierer bei Google im Ansehen über den Managern stehen und ein Team als zu groß gilt, wenn es von zwei Familienpizzen nicht satt wird. Bei Google drehe sich "alles, wirklich alles" um Personalauswahl. Kostprobe aus den Kriterien: Stellen Sie Leute ein, die klüger und kompetenter sind als Sie selbst. Jemanden, der engagiert ist, motiviert und vielseitig. Und niemanden, der lieber allein arbeitet.
Apple-Mitgründer Steve Jobs habe "davor gewarnt, sich nur mit angepassten Leuten zu umgeben". In den besten Unternehmen säßen eine Menge Querdenker, schreiben auch die Autoren, "nicht immer angenehm im Umgang", aber sie brächten die Firmen voran.
Von wem man nehmen will, dem muss man geben
Zudem sei es wichtig, schreiben die Autoren, dafür zu sorgen, dass sich die Mitarbeiter nicht auspowern, sondern ihre Batterien wieder aufladen. Zum Beispiel mit Sportangeboten, Kinderbetreuung und kostenlosem, gutem Essen. Das Motto: viel verlangen, viel zurückgeben – mit Anerkennung, Vertrauensarbeitszeit und Work-Life-Balance. Der Grundgedanke ist gewiss richtig: Kompetente, engagierte und zufriedene Mitarbeiter bedingen Erfolg.
Die geschilderten Praktiken lassen sich jedoch kaum sinnvoll vergleichen oder übertragen, denn die Fälle sind äußerst heterogen. Eine systematische Orientierung bieten die Autoren nicht, ebenso wenig einen Überblick über die Befundlage, etwa wie man die Besten gewinnt, motiviert und fördert.
Interessant ist das Buch trotzdem, zum einen für Bewerber, die erfahren wollen, wie Personalmanager ticken. Zum anderen für die Unternehmer und Personaler selbst, die sich von den Praktiken der Top 30 inspirieren lassen und das herauspicken können, was ihnen passend erscheint. Die Fallgeschichten sollten sie natürlich nicht als empirisch fundierte Entscheidungsgrundlage heranziehen. Einem solchen Missverständnis leisten die Autoren allerdings Vorschub, indem sie ihren Geltungsanspruch weder reflektieren noch beschränken.
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