Buchkritik zu »Das Geheimnis kluger Entscheidungen«
Zu einer klugen Entscheidung kommt man weder mit dem Modell des "Homo oeconomicus", des rationalen und emotionslosen Vernunftmenschen, noch indem man sich allein auf spontane Gefühlsneigungen verlässt. Vielmehr liege das Geheimnis in einer Integration der Vernunft und der Gefühle, so Maja Storch, promovierte Psychoanalytikerin, Trainerin und Mitarbeiterin an der Universität Zürich. Dies führe nicht nur zu klugen Entscheidungen, sondern auch zu mehr psychischem Wohlbefinden.
Im Theorieteil ihres Buchs beschreibt Maja Storch die Arbeiten des amerikanischen Gehirnforschers Antonio R. Damasio. Danach verwendet der Mensch in Entscheidungssituationen so genannte somatische Marker. Der Körper (griechisch soma) "markiert" eine Szene mit einer positiven oder negativen Empfindung und vermittelt dadurch elementare Informationen, zum Beispiel ob man sich einem Objekt oder einer Situation annähern oder sie vermeiden soll. Diese Erfahrungen bleiben lebenslang als körperliche Empfindungen oder Gefühle im so genannten emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert. Somatische Marker können sich in vielen Formen äußern, als Schmetterlinge im Bauch, als Engegefühl in der Brust und so weiter.
Wer es schafft, diese somatischen Marker mit der vernunftmäßigen Bewertung der Situation zu koordinieren, dem steht der Weg zu klugen Entscheidungen offen. Laut der Autorin unterscheiden Menschen sich darin, inwieweit sie die somatischen Marker wahrnehmen und für ihre Entscheidungen nutzen. Darauf aufbauend beschreibt der zweite Teil des Buchs, wie man kluges Entscheiden trainieren kann, indem man somatische Marker spüren lernt und schrittweise in die Entscheidungsfindung einbindet.
Dieser Teil sollte nun eigentlich am interessantesten sein: Man möchte schon wissen, wie man die bewusste Vernunftbewertung mit der gefühlsmäßigen, unbewussten Bewertung in Übereinstimmung bringen kann. Aber hier enttäuscht die Autorin, indem sie sich auf das beschränkt, was sie am Anfang des Buchs selbst kritisiert: eine Art loser Vorschlagssammlung. Storch beschreibt drei Techniken aus dem Fundus der Psychotherapie, mit denen man die Emotionen dazu bringt, dem Vorschlag der besser wissenden Vernunft zu folgen. So soll man sich beispielsweise das gewünschte Ziel vorstellen und sich über das entstehende verlockende Zukunftsbild einen positiven somatischen Marker zu der Aufgabe zulegen.
Diese Techniken mögen sogar einen gewissen Erfolg haben; aber sie setzen bereits voraus, dass die Vernunft die Instanz mit der besseren Einsicht in die Dinge ist. Damit verfehlt die Autorin ihr eigenes anfangs gesetztes Ziel, die beiden Instanzen gleichberechtigt in die Entscheidungsfindung aufzunehmen; die Emotion gilt nicht als – möglicherweise sehr zuverlässige – Informationsquelle, sondern wird dazu gebracht, der Vernunft zu folgen. Außerdem geht es bei den Techniken gar nicht mehr um Entscheidungen im ursprünglichen Sinn, sondern um deren Umsetzung. Sie sollen nur noch die Motivation für eine Handlung erhöhen, für die man sich mit der Vernunft bereits entschieden hat.
Die hervorgehobenen Merksätze, die das ganze Buch durchziehen, erleichtern das Lesen, laufen aber häufig auf sehr gewagte Verallgemeinerungen hinaus. So stellt Storch das Ergebnis der Gehirnforschung, dass nicht alle Vorgänge des Gehirns dem Bewusstsein zugänglich sind, als eine explizite Bestätigung für die Existenz eines Unbewussten dar, so wie es Sigmund Freud konzeptualisiert hat. Hier werden auf verwirrende Weise Begriffe durcheinander geworfen.
Am Ende des Buchs reißt die Autorin sehr knapp neue, breite Konzepte an, so die im Untertitel versprochene Überzeugungskraft, Selbstregulation oder Motivation, lässt aber die langjährige psychologische Forschungstradition mit ihren Theorien und Befunden außen vor. Einziges Literaturzitat aus dieser Richtung ist eine aktuelle Arbeit von Julius Kuhl.
Insgesamt zeichnet sich das schnell lesbare Buch durch seine sehr einfache Sprache aus, in der Definitionen der Fachbegriffe gut verständlich vermittelt werden. Das Buch lebt von einer Vielzahl simpler Zeichnungen, kleinen bunten Strichmännchen mit dickem Bauch, der je nach darzustellendem somatischem Marker mit Steinen, Blumen oder Schmetterlingen gefüllt ist. Da sind offensichtlich der Stift und die Zeichenlust mit der Autorin durchgegangen; für viele Szenen wäre eine einfache verbale Beschreibung absolut ausreichend gewesen.
Die Fantasie und die Fähigkeit, in einfacher Sprache zu schreiben, sind der Autorin positiv anzurechnen. Aber auf den ersten Blick wirkt das Buch auf Grund seiner Buntheit und der Strichmännchen wie ein Kinderbuch; und auf den zweiten Blick merkt man, dass es auch den entsprechenden Komplexitätsgrad nicht überschreitet. Letztlich bietet es über die mundgerecht aufbereiteten Ideen von Damasio hinaus, angereichert mit Beispielen aus der Praxis der Autorin, nichts wesentlich Neues.
Im Theorieteil ihres Buchs beschreibt Maja Storch die Arbeiten des amerikanischen Gehirnforschers Antonio R. Damasio. Danach verwendet der Mensch in Entscheidungssituationen so genannte somatische Marker. Der Körper (griechisch soma) "markiert" eine Szene mit einer positiven oder negativen Empfindung und vermittelt dadurch elementare Informationen, zum Beispiel ob man sich einem Objekt oder einer Situation annähern oder sie vermeiden soll. Diese Erfahrungen bleiben lebenslang als körperliche Empfindungen oder Gefühle im so genannten emotionalen Erfahrungsgedächtnis gespeichert. Somatische Marker können sich in vielen Formen äußern, als Schmetterlinge im Bauch, als Engegefühl in der Brust und so weiter.
Wer es schafft, diese somatischen Marker mit der vernunftmäßigen Bewertung der Situation zu koordinieren, dem steht der Weg zu klugen Entscheidungen offen. Laut der Autorin unterscheiden Menschen sich darin, inwieweit sie die somatischen Marker wahrnehmen und für ihre Entscheidungen nutzen. Darauf aufbauend beschreibt der zweite Teil des Buchs, wie man kluges Entscheiden trainieren kann, indem man somatische Marker spüren lernt und schrittweise in die Entscheidungsfindung einbindet.
Dieser Teil sollte nun eigentlich am interessantesten sein: Man möchte schon wissen, wie man die bewusste Vernunftbewertung mit der gefühlsmäßigen, unbewussten Bewertung in Übereinstimmung bringen kann. Aber hier enttäuscht die Autorin, indem sie sich auf das beschränkt, was sie am Anfang des Buchs selbst kritisiert: eine Art loser Vorschlagssammlung. Storch beschreibt drei Techniken aus dem Fundus der Psychotherapie, mit denen man die Emotionen dazu bringt, dem Vorschlag der besser wissenden Vernunft zu folgen. So soll man sich beispielsweise das gewünschte Ziel vorstellen und sich über das entstehende verlockende Zukunftsbild einen positiven somatischen Marker zu der Aufgabe zulegen.
Diese Techniken mögen sogar einen gewissen Erfolg haben; aber sie setzen bereits voraus, dass die Vernunft die Instanz mit der besseren Einsicht in die Dinge ist. Damit verfehlt die Autorin ihr eigenes anfangs gesetztes Ziel, die beiden Instanzen gleichberechtigt in die Entscheidungsfindung aufzunehmen; die Emotion gilt nicht als – möglicherweise sehr zuverlässige – Informationsquelle, sondern wird dazu gebracht, der Vernunft zu folgen. Außerdem geht es bei den Techniken gar nicht mehr um Entscheidungen im ursprünglichen Sinn, sondern um deren Umsetzung. Sie sollen nur noch die Motivation für eine Handlung erhöhen, für die man sich mit der Vernunft bereits entschieden hat.
Die hervorgehobenen Merksätze, die das ganze Buch durchziehen, erleichtern das Lesen, laufen aber häufig auf sehr gewagte Verallgemeinerungen hinaus. So stellt Storch das Ergebnis der Gehirnforschung, dass nicht alle Vorgänge des Gehirns dem Bewusstsein zugänglich sind, als eine explizite Bestätigung für die Existenz eines Unbewussten dar, so wie es Sigmund Freud konzeptualisiert hat. Hier werden auf verwirrende Weise Begriffe durcheinander geworfen.
Am Ende des Buchs reißt die Autorin sehr knapp neue, breite Konzepte an, so die im Untertitel versprochene Überzeugungskraft, Selbstregulation oder Motivation, lässt aber die langjährige psychologische Forschungstradition mit ihren Theorien und Befunden außen vor. Einziges Literaturzitat aus dieser Richtung ist eine aktuelle Arbeit von Julius Kuhl.
Insgesamt zeichnet sich das schnell lesbare Buch durch seine sehr einfache Sprache aus, in der Definitionen der Fachbegriffe gut verständlich vermittelt werden. Das Buch lebt von einer Vielzahl simpler Zeichnungen, kleinen bunten Strichmännchen mit dickem Bauch, der je nach darzustellendem somatischem Marker mit Steinen, Blumen oder Schmetterlingen gefüllt ist. Da sind offensichtlich der Stift und die Zeichenlust mit der Autorin durchgegangen; für viele Szenen wäre eine einfache verbale Beschreibung absolut ausreichend gewesen.
Die Fantasie und die Fähigkeit, in einfacher Sprache zu schreiben, sind der Autorin positiv anzurechnen. Aber auf den ersten Blick wirkt das Buch auf Grund seiner Buntheit und der Strichmännchen wie ein Kinderbuch; und auf den zweiten Blick merkt man, dass es auch den entsprechenden Komplexitätsgrad nicht überschreitet. Letztlich bietet es über die mundgerecht aufbereiteten Ideen von Damasio hinaus, angereichert mit Beispielen aus der Praxis der Autorin, nichts wesentlich Neues.
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