Isegrims Rückkehr
Nur wenige Menschen werden in ihrem Leben einem wilden Wolf begegnen. Deshalb bringt dieses Buch die Tiere zu den Lesern – in Form von Fotos der nun wieder in Deutschland heimischen Säuger. Der Bildband zeigt die Aufnahmen des Naturfotografen Heiko Anders, der seit 2013 das Wolfsmonitoring des NABU unterstützt. In drei Bundesländern arbeitet der Autor als Ehrenamtlicher beim Naturschutzbund und hilft diesem so, einen besseren Überblick über die genaue Anzahl der Wölfe in Deutschland zu bekommen. Diese leben seit der Jahrtausendwende wieder in unseren Wäldern, besonders gern auf Truppenübungsplätzen.
Dort begegnete Heiko Anders den Rückkehrern zum ersten Mal. In seinem Buch präsentiert er nicht nur die dabei herausgekommenen Fotos, sondern berichtet auch, wie diese entstanden sind und was gute Naturfotografie ausmacht. Das Werk lässt den Leser an den mehr als 500 Wolfssichtungen des Autors teilhaben und ermöglicht so einen exklusiven Einblick in die Welt dieser Tiere. Die begleitenden Texte vermitteln Interessantes über das Leben, die Familienstruktur und das Verhalten der Räuber: Etwa, dass diese gute Schwimmer sind und Wolfswelpen mit acht Monaten schon so aussehen wie erwachsene Tiere. Die Faszination und der Respekt des Autors vor ihnen sind spürbar und ansteckend.
Hierarchie in Gefangenschaft
Das Buch startet mit Grundlagenwissen und erläutert die Verbreitung, Herkunft und wichtige Erkennungszeichen der Raubtiere. Für letztere wählte Heiko Anders leider ein Bild, das nicht alle Merkmale gut darstellt; im weiteren Verlauf des Buchs kommen aber andere Aufnahmen dazu, auf denen die Erkennungsmerkmale gut auszumachen sind. Generell mangelt es dem Werk an einem erkennbaren roten Faden – ein solcher ist bei einem Bildband, in dem man immer wieder einmal blättert, aber auch nicht zwingend notwendig.
Anders räumt mit vielen Vorurteilen auf. So trifft die weit verbreitete Vorstellung einer linearen Rangordnung – vom Alpha- bis zum Omega-Tier – nur auf Tiere in Gefangenschaft zu. In freier Wildbahn ähneln Wolfsrudel eher einer Kleinfamilie. Sie bestehen aus den dominanten Elterntieren, den Welpen und den Jährlingen. Letztere helfen in ihrem zweiten Lebensjahr bei der Aufzucht der jüngeren Geschwister und wandern danach in der Regel ab, um sich ein eigenes Revier zu suchen. Nur dort, wo die Abwanderung nicht möglich ist, bilden sich die bekannten Hierarchien heraus.
Der Autor erklärt in seinem Buch auch, wieso wir Wölfe meist nicht zu Gesicht bekommen. Sollte es dennoch einmal zu einer Begegnung kommen, erfahren Leser auf der letzten Seite des Buchs in Form von Verhaltensregeln, was zu beachten ist. Am wichtigsten: nicht anfassen und nicht füttern. Besonders letzteres sei schon mehreren Wölfen zum Verhängnis geworden, schreibt Anders, da sie dadurch ihre natürliche Scheu vor dem Menschen verloren hätten.
Mit dem informierenden Bildband will der Naturfotograf vor allem eins erreichen: Ängste und Vorurteile abbauen. Denn diese stünden einer gemeinsamen Zukunft von Mensch und Wolf im Weg. Anders ist überzeugt, dass beide lernen können, miteinander zu leben.
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