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Konzentration auf Lösungen

Schon seit 1972 erscheinen immer wieder Fachbücher zu Therapie und Beratung in der Reihe "Leben Lernen". Vermutlich steht im Bücherregal eines jeden Beraters, Psychologen oder Therapeuten mindestens ein Band mit dem typischen lilafarbenen Cover. Jetzt legen Martin von Wachter und Askan ­Hendrischke ein praxisorientiertes, 177 Seiten langes "Ressourcenbuch" vor. Die Autoren sind erfahrene Psychosomatiker und leiten seit Jahren die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Ostalb-Klinikum Aalen.

Im psychologischen Kontext sind Ressourcen "Kraft­quellen". Anders gesagt: alles, was dabei hilft, Belastun­gen zu bewältigen und persönliche Ziele zu erreichen. Deshalb sind sie durchaus mehr als Selbstheilungskräfte, wie der Untertitel des Buchs zunächst glauben lässt. Im Gegensatz zur in der Medizin und Therapie oft üblichen Problem- oder Defizitorientierung ("Was ist das Problem? Was fehlt?") werden beim ressourcen­orientierten Vorgehen diejenigen Aspekte betont, die hilfreich sind und funktionieren ("Was ist schon da? Was kann so bleiben? Was hilft?"). Die Konzentration auf Ressourcen und Lösungen, und zwar während des gesamten Therapieprozesses, gilt als wesentlicher Erfolgsfaktor in der Psychotherapie.

Potenziale aufdecken mit Fragebögen

Das überschaubare und leicht verständliche Buch beginnt mit einem Kapitel, in dem die Autoren neben den Grundlagen der ressourcenorientierten Behandlung auch neurobiologische Aspekte erklären. Bereits an dieser Stelle weisen sie darauf hin, dass Ressourcenorientierung mitunter auch übertrieben wird und dazu führen kann, dass der Patient sich in seinem Problem nicht verstanden fühlt.

Ab dem zweiten Kapitel wird es praktischer: Entlang eines Therapieprozesses erklären Wachter und Hendrischke ausführlich zahlreiche Übungen und Interventionsmöglichkeiten. So erläutern sie verschiedene Fragebögen, die Ressourcen entdecken sollen, und nehmen die Bedeutung der Biografie und Herkunftsfamilie in den Blick. Der Ressourcen-­Lebensbericht und das Ressourcen-Genogramm, ein Familienstammbaum mit den positiven Aspekten der Familienmitglieder, werden empathisch und hilfreich dargestellt.

Das vierte und längste Kapitel enthält die meisten Übungen. Hier finden sich einfache, praktische und sofort anwendbare Ideen. Dazu gehört eine Fragesammlung für die ressourcenorientierte Gesprächsführung sowie eine "Liste der Tugenden und Stärken". Manches macht sofort Lust darauf, es auszuprobieren – entweder für sich selbst oder in der Arbeit mit Patienten. Empfehlung: die "Timeline-Übung" zur Krisenintervention, in der die Zeit vor und nach Krisen in den Blick genommen wird. Dass die Autoren über die Ressource Kreativität verfügen, merkt man an vielen Stellen. Die aus der Familientherapie stammende Idee eines Wohnungsgrundrisses kombinieren sie beispielsweise mit den psychologischen Grundbedürfnissen und funktionieren sie so zu einem Ressourceninstrument um, das die Frage aufwirft "Wo in meiner Wohnung tanke ich auf?". Andere Übungen erfordern etwas mehr Anstrengung und Transferleistung, sowohl vom Therapeuten als auch vom Patienten. Die "Vierfelderübung als Circumplexmodell" beispielsweise soll verdeutlichen, wie "alle Phasen unseres Lebens auf vielfältigen Ebenen miteinander verbunden sind und sich rekursiv aufeinander beziehen".

Die Autoren schaffen es, ihre Leser zu ermutigen, die genannten Übungen und Ideen umzusetzen, indem sie den Ablauf Schritt für Schritt erklären. An solchen Stellen und an den eingestreuten Praxistipps merkt man, dass die beiden Ärzte selbst tagtäglich mit Patienten arbeiten. Manchmal stellen sie Interventionen jedoch nur kurz dar, zum Beispiel die zur Achtsamkeit und imaginativen Ressourcenaktivierung, und verweisen lediglich auf weiterführende Literatur.

Im fünften Kapitel, der "Abschiedsphase", geht es ans Kofferpacken. Natürlich ist er voll mit Ressourcen, die in schwierigen Situationen helfen können. Mit diesem Gepäckstück in der Hand kann man sich aufmachen in die Zeit nach der Therapie und im letzten Arbeitsblatt seine ressourcenbasierte Zukunftsplanung angehen.

Arbeits- und Informationsmaterialien für Patienten stehen im Internet auf einer eigenen Seite zum Download bereit. Dort finden sich auch Vorträge, die für Psychotherapeuten und Patienten interessant sind. Eine wertvolle Ergänzung zu einem empfehlenswerten Buch, das eine freundliche, empathische und lösungsorientierte Haltung vermittelt und dabei reichlich praktische Anregungen liefert.

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