Direkt zum Inhalt

Rundreise durch die Wissenschaft

Den Astronomen Dieter Herrmann treibt eine Sache ganz besonders um: den Kosmos einem breiten Publikum nahezubringen. Das zeigt seine umfangreiche Publikationsliste: Herrman hat mehr als 30 populärwissenschaftliche Bücher und unzählige entsprechende Artikel veröffentlicht. Auch in seinem neuen Buch bemüht sich der langjährige Leiter der Archenhold-Sternwarte in Berlin und Gründungsdirektor des zugehörigen Großplanetariums sehr um Verständlichkeit.

Herrmanns Spezialgebiet ist die Astrophysik, darauf beschränken möchte er sich aber nicht. Von fachlicher Abgrenzung zwischen den verschiedenen Disziplinen der Physik ist in seinem neuen Werk nichts zu merken. Er thematisiert fast jedes große Thema der Physik und veranschaulicht dabei, wie erst die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen – hauptsächlich Atom-, Teilchen- und Astrophysik – zu bedeutenden wissenschaftlichen Fortschritten führte. Heute gilt das mehr denn je: Astronomen sind auf die Methoden und Hilfe fachfremder Kollegen angewiesen. Die Rätsel des Universums im Großen sind nur lösbar, wenn man auch die Welt im Kleinen, also den Mikrokosmos, versteht – und umgekehrt. Das ist die übergreifende Aussage des Buchs.

Die körnige Beschaffenheit der Dinge

Der Autor skizziert umfassend, wo die moderne Physik heute steht, und beleuchtet, auf welchem Weg sie dorthin kam: durch Beobachten, Nachdenken, unzählige Experimente, aber auch über Umwege und Zufälle sowie ein immerwährendes Infragestellen gültiger Konzepte. Um dies zu veranschaulichen, stellt Herrmann zahlreiche berühmte Wissenschaftler vor, die unser Verständnis der Welt entwickelt haben. Oft setzten sich ihre Ideen lange nicht durch oder stießen gar auf Widerstand: Der griechische Philosoph Demokrit war schon 400 v. Chr der Ansicht, dass alles aus kleinsten Partikel zusammengesetzt sein müsse. Erst im 19. Jahrhundert griffen Wissenschaftler sein Modell von einzelnen Atomen wieder auf. Giordano Bruno (1548-1600) wurde unter anderem für seine visionären Behauptungen über das Universum auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Galileo Galilei (1564-1641) bewahrte erst der Widerruf seiner Aussage, die Erde drehe sich um die Sonne, vor einem ähnlichen Schicksal.

Seitdem hat sich viel getan, wie Hermann darlegt: Durch die Analyse von Sonnenstrahlen konnte man etwa die Zusammensetzung der Sonne oder anderer Sterne ermitteln. Diese so genannte Spektralanalyse half zudem, den Aufbau und die Eigenschaften der Atome zu ergründen. Weitere Erkenntnisse über Atome trugen wiederum dazu bei, zu verstehen, wie die Sonne ihre Energie gewinnt, wie sie räumlich strukturiert ist und wie sie sich entwickelt. Atom- und Astrophysiker, ja gar Quantenphysiker haben auf solche Weise erfolgreich bewiesen, dass sie nur zusammen den Mikro- und den Makrokosmos ergründen können. Auch heutzutage verdanken wir die Erkenntnisse darüber, welche großräumige Struktur das Universum besitzt und wie es sich entwickelt, sowohl Riesenteleskopen und Raumsonden als auch den Verfahren zum Erforschen der allerkleinsten Teilchen.

Kilometergroßes Mikroskop

Teilchenbeschleuniger wie LHC (Large Hadron Collider) an der Europäischen Organisation für Kernforschung sind "die Mikroskope von heute", wie Herrmann sie nennt. Sie liefern zunächst Erkenntnisse über die elementarsten Bausteine der Materie und ihre Wechselwirkungen, doch die Forscher lernen damit auch etwas über die Bestandteile des Universums und seine Entwicklung. Der Buchtitel spielt darauf an, dass Forscher gegenwärtig versuchen, mit solch gigantischen Anlagen Bedingungen zu erzeugen, wie sie kurz nach dem Urknall geherrscht haben könnten. In Herrmanns Buch spielt dieses "Urknall-Experiment" jedoch keine ausgezeichnete Rolle; es nimmt unter den zahlreichen Themen wie Antimaterie, Dunkle Materie, Dunkle Energie oder Suche nach der Weltformel keinen herausragenden Platz ein. Mithin ist der Buchtitel ein wenig unglücklich gewählt – er suggeriert einen Fokus, den das Werk nicht hat.

Potenzielle Leser werden es aufgrund des etwas unzutreffenden Titels schwer haben, auf das Buch aufmerksam zu werden. Ohnehin ist die Zielgruppe nicht ganz einfach zu definieren: Für Laien ist die Informationsdichte sehr hoch, für fachnahe Leser wiederum etwas zu niedrig gewählt. Empfehlen kann man das Werk jedoch allen, die physikalische Grundkenntnisse mitbringen und das Fach und seine Entwicklung einmal in einem spannenden und verständlichen Gesamtabriss dargestellt sehen möchten.

Kennen Sie schon …

Sterne und Weltraum – Ursprung des Lebens

Ist unsere Erde der einzige Planet, der Leben hervorbrachte? Ist das Entstehen von Leben tatsächlich so selten und ist es nicht eine zwingende Konsequenz, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind? Wir beleuchten die Entstehung des Lebens auf der Erde und ob sich dieser Vorgang anderswo im Weltraum wiederholen kann. Darüber hinaus informieren wir Sie über das Debakel um Boeings Starliner, das in einem unbemannten Rückflug von der ISS gipfelte. Sie erfahren von einem an der Gaia-Mission beteiligten Insider Details über das bevorstehende Ende der Mission und wir zeigen die erste hochaufgelöste Galaxienkarte des ESA-Teleskops Euclid. Weiter präsentieren wir Ihnen jede Menge astronomische Himmelsereignisse des Jahres 2025 und Sie erhalten den »Astro-Planer 2025«, mit dem Sie keines dieser Beobachtungs-Highlights verpassen.

Spektrum Kompakt – 70 Jahre CERN - Ein europäisches Erfolgsmodell

Nach dem zweiten Weltkrieg vereinte das CERN Forscherinnen und Forscher aus vielen Ländern, um die Geheimnisse der Teilchenphysik zu ergründen. Seine Erfolge lassen sich in Nobelpreisen und Entdeckungen wie dem Higgs-Boson verzeichnen, jedoch auch in einer beeindruckenden Forschungskultur.

Spektrum der Wissenschaft – Vielfältige Quanten

Wir tauchen ein in die Welt der Quanten, die uns noch immer zahlreiche Rätsel aufgibt. Forscher entwickeln ständig neue Modelle und hinterfragen Grundlegendes, wie beispielsweise das Konzept der Zeit. Gleichzeitig macht die Entwicklung neuer Quantencomputer große Fortschritte und könnte unsere Verschlüsselungssysteme bedrohen. Experten arbeiten an neuen Methoden, um unsere Daten zu schützen. Erfahren Sie, wie diese Herausforderungen gemeistert werden und ob Kryptografen den Wettlauf gegen die Zeit gewinnen können.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.