»Das wächst in deiner Stadt«: Expedition zu den zähen Ritzenrebellen
Wo viele Menschen dicht aufeinander leben, da muss die Natur zurückstecken. Das mag man vielleicht glauben. Doch: Laufen Sie mal mit aufmerksamem Blick durch Straßen, Gassen und über Plätze in unseren dicht bebauten Städten. Sie werden überrascht sein, wo sich da überall Grünzeug befindet. Da quillt das Leben aus allen erdenklichen Pflasterritzen, es rankt sich hoch an Hauswänden, breitet sich in Hinterhöfen aus und nutzt jede kleinste Baulücke. In Deutschland sind es allein rund 500 wild wachsende Pflanzenarten, die unsere Betonwüsten bevölkern. Sie haben einen erheblichen Anteil daran, dass unsere Umgebung aufgewertet wird, vielleicht nicht immer offensichtlich, aber dennoch sehr subtil und wichtig für das urbane Mikroklima, das sie maßgeblich beeinflussen.
Licht ins Dickicht des urbanen Wildwuchses bringen die Professorin für Ökologie Alexandra-Maria Klein und die Botanikerin Julia Krohmer mit ihrem Buch »Das wächst in deiner Stadt«. Wer die urbane Natur entdecken und mehr über sie erfahren möchte, der sollte das kleine Büchlein zur Hand nehmen. Mit der Lektüre taucht man ein in einen verborgenen und nur auf den ersten Blick unscheinbaren Kosmos des Lebens, den sich die Natur in einer für sie eher unfreundlichen Umgebung geschaffen hat. Umso spannender ist es, ihre Überlebensstrategien zu erkunden.
Alles, was man in den Nischen und Spalten von Beton und Asphalt findet, stellen die beiden Autorinnen in prägnanten Steckbriefen vor – angefangen bei den mehrjährigen krautigen Pflanzen über Gehölze, Gräser und Moose bis hin zu Farnen und Flechten. Die Arten- und Formenvielfalt verblüfft, wenn man sich genauer beschäftigt mit dem, was sich oft direkt unter seinen Füßen befindet. Manchen Pflanzen, die sich wohl eher eines Schattendaseins erfreuen, wird sogar heilende Wirkung nachgesagt, wie etwa dem Weißklee, der mit seinem hohen Phytohormongehalt bei Wechseljahresbeschwerden lindernd wirken soll. Oder dem Schöllkraut, dessen orangegelber Milchsaft Warzen verschwinden lassen soll.
Der ein oder andere »Ritzenrebell«, wie die Autorinnen ihre grünen Stadtbewohner liebevoll nennen, verbreitet sogar angenehme Düfte. So stemmt sich das Duftveilchen etwa mit seinen ätherischen Ölen vehement gegen die Abgaswolken der übermächtigen motorisierten Vehikel.
Wer sich nach der Lektüre als angehender Experte für den urbanen Pflanzenreichtum fühlt, den laden die beiden Autorinnen ein, bei der Krautschau mitzumachen. Dabei bestimmt man eine Pflanze, die man gerade entdeckt hat und schreibt mit Kreide daneben, welche Art es ist. Anschließend macht man ein Foto und lädt es in den sozialen Medien unter dem Hashtag #krautschau oder #mehralsunkraut hoch. Ein tolles Projekt, das man gut als Familie angehen kann.
Also, auf geht’s! Jetzt muss man nur noch das handliche Büchlein in seine Tasche packen. Dazu vielleicht noch eine Lupe und eine Kamera. Einer spannenden und aufschlussreichen Expedition in die Straßenschluchten steht nichts mehr im Weg.
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