»Demokratie im Feuer«: Zwischen Hoffnung und Realität
Bei den derzeitigen politischen Debatten kann man sich fragen: Können Demokratien es überhaupt schaffen, sich der Klimakrise entgegenzustellen? Oder bräuchte es eher ein autoritäres Machtwort? Damit befasst sich der Autor und »Spiegel«-Redakteur Jonas Schaible. Sein Fazit: Ohne Demokratie geht es nicht, aber wir müssen sie neu denken.
Zum Einstieg in das Thema wirft der Autor einen kurzen Blick in die 30 Jahre entfernte Zukunft – was sich wie ein Schlag ins Gesicht anfühlt. Eindrücklich führt er seinen Leserinnen und Lesern vor Augen, was auf dem Spiel steht. Es folgen die wichtigsten Fakten zur Klimakrise, die man problemlos überspringen kann, wenn man sich bereits gut auskennt.
In vier Buchteilen erklärt Schaible dann die politischen Verflechtungen der Klimaproblematik: warum die Demokratie Klimaschutz braucht, weshalb Klimaschutz nur mit Demokratie gelingen kann, was eine Klimademokratie ist und wie wir sie erreichen könnten. Man erfährt, weshalb es nicht erst jetzt, sondern bereits seit Jahrzehnten »fünf vor zwölf« ist, welche Strategien Menschen mit rechten Ideologien nutzen und wie stark fossile Energiegewinnung noch immer subventioniert wird.
Schaible erklärt, weshalb Demokratie nicht bedeutet, dass man nichts verbieten darf – das war noch nie so. Er führt aus, weshalb es nicht nur eine Demokratieform gibt und inwiefern jede Variante Vor- und Nachteile hat. Eine Lösung sieht Schaible in Aspekten der wehrhaften Demokratie. Hier können beispielsweise Grundrechte eingeschränkt werden, wenn sie zur Zerstörung der Demokratie genutzt werden. Das gibt es in Deutschland etwa beim Verbot von Parteien. In einer wehrhaften Klimademokratie könnte mit bestimmten demokratischen Werkzeugen für schnelleren und intensiveren Klimaschutz gesorgt werden. Und das nicht nach einem festen Muster, sondern angepasst an die jeweiligen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Länder.
Der nüchterne Schreibstil ist dem Thema angemessen. Umso faszinierender ist es, welche emotionalen Aufs und Abs das Lesen des Buchs mit sich bringt. Häufig wechseln Phasen der Hoffnung und harte Realität, gefolgt von einem positiven Beispiel, das die Stimmung hebt. Gut gelungen ist der rote Faden. Tauchen in einem Absatz neue Fragen auf, beantwortet Schaible sie spätestens auf den nächsten Seiten. Lösungsansätze betrachtet er realistisch, ohne falsche Versprechen zu machen.
»Demokratie im Feuer« ist keine leichte Kost, aber gut durchdacht und voller interessanter Informationen und Gedankengänge. Wer sich wirklich mit dem Thema befassen und gerne auch politisch argumentieren möchte, kommt auf seine Kosten.
Am Ende bleibt die bange Frage: Schaffen wir es? Darauf hat Jonas Schaible verständlicherweise keine Antwort, das ist aber auch nicht sein Anspruch. Vielmehr setzt sein Buch die derzeitigen Diskussionen in einen geschichtlichen und politischen Kontext und streicht heraus, dass wir einzig und allein mit demokratischen Mitteln vorankommen werden.
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