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Was Wissenschaft nicht erklären kann

Was können wir von der Neurowissenschaft über die Wirkung eines Theaterspiels lernen? Und was trägt die Genetik zur Erklärung spontaner Wutausbrüche bei? Solchen Fragen widmet sich der in Berlin und London forschende Neurowissenschaftler Giovanni Frazzetto in seinem neuen Buch. Dabei vertritt der Autor – anders als es der deutsche Titel vermuten lässt – keineswegs den Standpunkt, dass die Wissenschaft unsere Gefühle vollständig zu erklären vermag. Sie könne zwar Auskunft über die biologischen Ursachen von Emotionen geben und Therapieansätze bei Gefühlsstörungen aufzeigen. Doch sie biete keine Antwort darauf, wie Emotionen erlebt werden oder wie kulturelle Einflüsse unseren Gefühlsausdruck prägen.

Biochemie ist nicht alles

Exemplarisch zeigt sich das an Frazzettos Darstellung der Trauer. Aus Sicht der Neurobiologie ist das Gefühl von Kummer an bestimmte Neurotransmitter, Botenstoffe im Gehirn, gebunden. Forscher nehmen an, dass bei psychiatrischen Erkrankungen wie der Depression ein Ungleichgewicht dieser Botenstoffe vorliegt, das zur Verstetigung der Trauer führt. Doch sagen uns solche neurobiologischen Erklärungen nichts darüber, wie der kulturelle Hintergrund den Umgang mit diesem Gefühl beeinflusst. Um das zu veranschaulichen, schildert Frazzetto, wie seine sizilianische Großmutter noch Jahre nach dem Tod ihres Mannes ihre Trauer bekundete, ohne dass ihr eine Depression im klinischen Sinne attestiert werden konnte. Das Wissen über Neurotransmitter gebe keinen Aufschluss darüber, wie jemand seine Gefühle auslebe und was in einem kulturellen Rahmen als normal gelte.

Es ist diese Mischung aus detailreichen Erläuterungen zur Biologie unserer Gefühle und gleichzeitiger Skepsis bezüglich der "Reichweite" neurowissenschaftlicher Erklärungen, die Frazzettos Buch lesenswert macht. So betont der Autor immer wieder, dass sich aus Gehirnscans keineswegs der emotionale Zustand einer Person ablesen lasse. Sein anschaulicher Schreibstil und seine fundierte Argumentation machen das Buch zur gewinnbringenden Lektüre für ein breites Publikum.

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