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Gnadenlose Gottheit

Heinz-Werner Kubitza, Beiratsmitglied der humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung und bekannter Religionskritiker, zieht in seinem neuen Buch ein düsteres Fazit der biblischen Überlieferung. Er hinterfragt das Wesen von JHWH, dem Gott Israels, und geht auf dessen Rolle im Alten Testament ein. Die biblischen Texte, belegt Kubitza, stellen JHWH vielfach als einen Gott des Kriegs und der Gewalt dar, mit ausländerfeindlichen, rachsüchtigen und gnadenlosen Zügen. Als einen, der Freude an Zerstörung hat und massenhaft mordet. Zudem prüft der Autor die Bibel auf ihre literarischen Qualitäten und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis.

Seine polarisierenden Thesen belegt Kubitza stets mit Bibelzitaten. "Ich verfolge meine Feinde und hole sie ein, ich kehre nicht um, bis sie vernichtet sind. Ich schlage sie nieder; sie können sich nicht mehr erheben, sie fallen und liegen unter meinen Füßen." (Ps 18,38-39) etwa ist nur eine von vielen Textstellen – und längst nicht die expliziteste –, die die mythische Aggressivität des Gottes belegen. Als Grund dafür vermutet Kubitza unter anderem, dass im frühen Israel ein Konflikt zwischen Poly- und Monotheisten tobte und Priester wie Gelehrte dabei versuchten, JHWH zum Hauptgott in einer ursprünglich polytheistischen Götterwelt zu erheben. Der hierbei entstehende Monotheismus habe sich intolerant und selbstherrlich, zuweilen offen rassistisch gezeigt: "Kein Fremder [...] darf mein Heiligtum betreten" (Ez 44,9), "Kein Mischling darf in die Versammlung Jahwes kommen, auch in der zehnten Generation dürfen seine Nachkommen nicht in die Versammlung des Herrn aufgenommen werden." (Dt 23,3). Kubitza verdichtet die Ergebnisse seiner Textanalysen mitunter sehr polemisch, etwa wenn er wohlwollende JHWH-Darstellungen mit der mythischen Gewalttätigkeit dieses Gottes kontrastiert: "Es verhält sich fast so, wie wenn ein Ehemann seine Frau regelmäßig verprügelt, aber seine Freunde dennoch über ihn sagen: Eigentlich ist er ein guter Kerl."

Gewaltfantasien

Von den biblischen Propheten bezeichnet Kubitza etliche als frühe religiöse Extremisten. So beschreibt er den Propheten Ezechiel als Vertreter einer "Jahwe-allein-Ideologie", die er für die Etablierung eines aggressiven Monotheismus verantwortlich macht. Der Prophet habe sich durch Hass und Fremdenfeindlichkeit ausgezeichnet. Auch die Propheten Jeremia und Jesaja stellt der Autor als "Jahwe-Fanatiker" dar. Sie hätten ihren Gott förmlich ermuntert, zu zerstören und zu morden, und ihre eigenen Weissagungen durch ihn äußern lassen: "Ich lege die Nilarme trocken, verkaufe das Land an Verbrecher, ich verwüste das Land und alles darin" (Ez 30,12); "Ich tränke das Land bis hin zu den Bergen mit der Flut deines Blutes; die Schluchten sollen sich damit füllen" (Ez 32,6); "Durch das Schwert der Krieger bringe ich dein Gefolge zu Fall. [...] Sie verwüsten den Stolz von Ägypten, all seine Pracht wird zerstört. All sein Vieh lasse ich sterben an den großen Gewässern. Keines Menschen Fuß wird das Wasser mehr trüben, noch werden die Hufe der Tiere es trüben." (Ez 32,12-13).

Als positives Gegenbeispiel führt Kubitza das Buch Jona aus dem Alten Testament an. Es komme gänzlich ohne Hass auf andere Kulturen und Gewaltexzesse aus und zeichne ein gütiges, gar barmherziges Bild von JHWH. Das Buch Ijob habe sich sogar kritisch mit dem Glauben auseinandergesetzt. Ijob wird hier als Gottes Spielball dargestellt, der für sein Recht zu kämpfen beginnt. Dabei rutscht er immer tiefer ins Unheil und resümiert schließlich: "In die Hand eines Frevlers ist die Erde gegeben, das Gesicht ihrer Richter verhüllt er" (Ijob 9,24); "Grausam wirst du gegen mich, mit der Macht deiner Hand verfolgst du mich [...]. Ich weiß, du treibst mich in den Tod" (Ijob 30,21-23).

Kritische Distanz

Kubitza konfrontiert seine Leser mit Fragen, die man sich angesichts solcher Textpassagen wohl stellen muss: Können die alttestamentlichen Geschichten um JHWH eine ethische Grundlage für das heutige Leben bieten? Warum gilt der Gott als einer der Liebe und Barmherzigkeit, wenn das Alte Testament mit Gewaltexzessen, Massenmorden und rassistischem Fremdenhass durchsetzt ist, zu denen er laut Mythologie anstiftete und an denen er sogar aktiv mitwirkte? Dokumentieren die Texte nicht vielmehr einen gewaltbereiten religiösen Extremismus?

Der Autor scheint Antworten darauf für sich gefunden zu haben und plädiert für einen kritisch-reflektierenden Umgang mit der Heiligen Schrift, abseits von "religiöser Wellness". Er schließt mit der Feststellung: "Der Gott des Alten Testaments ist deshalb vor allem ein peinlicher Gott. [...] Ein Gott, für den man sich schämen muss." Auch literarisch bescheinigt Kubitza der Bibel wenig Qualität. Sie sei von "Mängeln, maßlosen Übertreibungen und detaillierten Schilderungen von Banalitäten" geprägt. Sein Fazit: "Die Bibel ist das am meisten überschätzte Werk der Weltliteratur."

Es bleibt den Lesern überlassen, ob sie diese Auffassung teilen oder nicht. Fest steht, dass Kubitza Gedanken artikuliert, die sich bei der Lektüre des Alten Testaments unweigerlich aufdrängen.

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