»Der Handschlag«: Pandemie und Penis-Handschlag
Immer wieder kommt es vor, dass Menschen, die eigentlich mit hochkomplexer Forschung ihr Geld verdienen, sich entschließen, einem auf den ersten Blick banal wirkenden Phänomen nachzugehen. So auch Ella Al-Shamahi in ihrem neuen Werk »Der Handschlag«. Wie der Titel verheißt, befasst sich die Paläoanthropologin und Evolutionsbiologin, die für National Geographic schreibt und eine Fernsehsendung bei der BBC hat, mit dem vielleicht ältesten Begrüßungsritual der Menschheit. Auf sieben Kapiteln beleuchtet sie die Herkunft, Symbolik und Zukunft des Handschlags. Kleiner Spoiler: Die Autorin glaubt trotz Pandemie nicht daran, dass der Handschlag verschwinden wird.
Mit ihrem humorvollen Stil und diversen Kuriositäten lockert Al-Shamahi die zahlreichen Fakten aus Anthropologie, Evolutionsbiologie und den Sozialwissenschaften auf. So befasst sie sich in einem Kapitel mit ungewöhnlichen Handschlägen und Begrüßungsritualen – auch ein so genannter Penis-Handschlag aus Papua-Neuguinea wird beschrieben. In einem anderen Kapitel geht es um die schlechtesten Handschläge aller Zeiten, von »sehr peinlich« bis »globalpolitisch verheerend«.
Eine interessante Perspektive birgt auch die Vergangenheit der Autorin: Sie lebte früher streng muslimisch, was Körperkontakt nahezu gänzlich ausschloss – vor allem zwischen den Geschlechtern. Ella Al-Shamahis Umgang damit ist aufschlussreich, weil ihre Erfahrungen denen vieler Frauen in der muslimischen Welt vermutlich ähneln.
Zusammenfassend ist »Der Handschlag« ein amüsantes und informatives Buch über eine Geste, die besonders jetzt, wo sich die pandemiebedingte Vorsicht langsam zurückbildet, wieder so selbstverständlich wird, dass wir kaum über sie nachdenken.
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