Kapitalismus, Populismus, Fanatismus
Schon rein äußerlich haben sich Philosophen in den letzten 2000 Jahren stark verändert. Weiße Togen und zerzauste Bärte sind eleganten Anzügen gewichen. Kaum ein Lehrstuhlinhaber von heute hat noch etwas mit dem berühmten Zyniker Diogenes von Sinope (412–323 v. Chr.) gemein, der für seine radikale Art bekannt war, die eigenen philosophischen Maximen nicht nur zu lehren, sondern selbst danach zu leben. Zu den wenigen, die ähnlich unbequem und provokant sind wie einst jener Diogenes, gehört der notorisch unglückliche Slavoj Žižek.
Der Professor für Philosophie an der Universität Ljubljana offenbart in seinem neuen Buch »Der Mut der Hoffnungslosigkeit« seine kulturpessimistische Ader. Žižek verweist darin auf die großen Probleme der Menschheit, vom weltumspannenden Kapitalismus, religiösem Fanatismus und Terror bis hin zum rechten und linken Populismus. Besonders gelungen ist das Kapitel zu den Fallen der Political Correctness und des Gender-Aktivismus, in dem er viele unbequeme Fragen aufwirft. So stellt er den Fall einer Studentin der Columbia University vor, die verlangte, man solle »Triggerwarnungen« in alle Werke des klassischen Literaturkanons setzen. Die Studentin war in der Vergangenheit Opfer sexueller Gewalt geworden und fühlte sich bei Szenen aus Ovids berühmten »Metamorphosen« daran erinnert.
Kann Darstellungen von Armut enthalten
Diese Forderung führt Žižek nicht nur ad absurdum, indem er fragt, ob Reiche dann nicht auch ein Recht haben müssten, vor der Darstellung von Armut gewarnt zu werden. Er erkennt in solchen Auswüchsen zudem eine Gefahr: Sie verdeckten nur die Probleme der Gesellschaft, statt dazu beizutragen, diese zu ändern.
Das Buch ist in Žižeks typischem, beiläufig erscheinendem Ton geschrieben und lässt popkulturelle Vergleiche nicht vermissen. Besonders mit Filmen wie dem Sciencefiction-Klassiker »Alien« erklärt der Autor die eine oder andere Facette seiner Argumentation. Sein Werk ist allen zu empfehlen, die an einer schonungslosen Sicht auf die heutige Zeit interessiert sind.
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