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Heiß begehrt und hoch problematisch

Rund 60 Millionen Tonnen Palmöl werden jährlich weltweit produziert und verarbeitet. Das bringt massive Probleme mit sich.

Biodiesel, Schmierstoffe, Waschmittel, Kosmetika, Lebensmittel: Sie alle gehören zu den Produkten, die häufig Palmöl enthalten. Die Biologen Frauke Fischer und Frank Nierula widmen sich in diesem Buch dem kommerziellen Anbau der Ölpalme und den damit verbundenen ökologischen und sozialen Schwierigkeiten. Verglichen mit anderen Öl produzierenden Pflanzen wie Mais, Soja oder Raps ist die Ölpalme die bei Weitem ergiebigste. Aus Mais lassen sich pro Hektar Anbaufläche gerade einmal 145 Kilogramm, aus Raps immerhin eine Tonne Öl gewinnen – während es bei der Ölpalme bis zu fünf Tonnen sind. Südostasiatische Staaten wie Indonesien und Malaysia sind mit großem Abstand die Hauptanbaugebiete. Hinzu kommen afrikanische Länder wie Nigeria, die Elfenbeinküste, die Demokratische Republik Kongo oder Ghana sowie mittel- und südamerikanische Staaten wie Honduras, Guatemala oder Ecuador.

Zahlreiche Umweltschäden

Leider bringen der Anbau der Palmen und die Verarbeitung ihrer bis zu 25 Kilogramm schweren Fruchtstände gewaltige Probleme mit sich. Plantagenbetreiber müssen oft große Anbauflächen durch Brandrodung von Regenwald schaffen, was nicht nur die »grüne Lunge« der Erde mitsamt ihrer Artenvielfalt zerstört, sondern auch riesige Mengen CO2 freisetzt. Zudem haben Ölpalmen einen hohen Wasserbedarf, weshalb ihr großflächiger Anbau in den Wasserhaushalt eines Gebiets massiv eingreift. Bei der Ölgewinnung selbst fallen unter anderem Rückstände wie das »Palm Oil Mill Effluent« (POME) an, das häufig nicht fachgerecht verarbeitet, sondern ungeklärt in benachbarte Gewässer eingeleitet wird und diesem durch chemische Zersetzungsprozesse Sauerstoff entzieht. Massensterben von Fischen und anderen Wasserbewohnern ist die Folge – auch hier leidet also die Artenvielfalt. Ferner schildert das Autorenduo die negativen sozialen Folgen des Plantagenbetriebs: etwa wenn das Profitstreben von Konzernen dazu führt, geltendes Arbeitsrecht auf den Plantagen zu missachten, keine Schutzkleidung für den Umgang mit giftigen Chemikalien bereitzustellen oder auf Kinderarbeit zurückzugreifen. Auch die Rechte Indigener geraten im Plantagenbetrieb immer wieder unter die Räder.

Als ein Gegenmittel heben die Autoren die Marktmacht aufgeklärter Konsumenten hervor. Sie betonen die Möglichkeit, durch eigenes Kaufverhalten die Nachfrage nach Palmöl und damit die einschlägigen Probleme zu reduzieren. Dazu stellen sie Ökosiegel zum Palmölstandard vor und haben dem Buch einen praktischen Einkaufshelfer beigelegt. Es ist jedoch sehr schwierig, entsprechende Produkte adäquat zu nennen, da Palmölzusätze selten als solche gekennzeichnet werden. Stattdessen verbergen sie sich oft hinter chemischen Bezeichnungen, durch die man sich erst mühsam im Kleingedruckten der Zutatenlisten arbeiten muss. Daher ist der Einkaufshelfer zwar gut gemeint, doch wegen der vielen Stoffe, die Palmöl entweder sicher enthalten oder enthalten könnten, dürfte das kritische Durchschauen von Inhaltsangaben in der täglichen Einkaufspraxis schnell an seine Grenzen stoßen.

Davon unbenommen legt das Autorenduo eine leicht lesbare und fundierte Einführung ins Thema vor. Produktion, Einsatz und Probleme des Palmöls sind gut aufgearbeitet, wozu zahlreiche Tabellen, Karten und Grafiken beitragen. Fachbegriffe werden mit eingeschobenen Legenden sowie einem angehängten Glossar erklärt. Das Buch ist konsumkritischen Lesern zu empfehlen.

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