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Porträt eines Räubers

Es dürften inzwischen gut ein Dutzend Bücher auf dem Markt sein mit Titeln wie "Wölfe in Deutschland", "Rückkehr der Wölfe", "Deutschlands wilde Wölfe", "Auge in Auge mit dem Wolf" oder auch "Sie sind wieder da" (siehe Rezension). Das Thema ist offensichtlich aktuell und brisant. Da klingt "Der Wolf kehrt zurück" zunächst nicht besonders originell.

Wie relevant das Problem tatsächlich ist, zeigt beispielsweise eine Pressemeldung vom 19. Mai dieses Jahres aus Kummersdorf im Kreis Teltow-Fläming (Brandenburg). Dort hat ein Wolf 30 Schafe, davon 23 Lämmer, durch Bisse in den Kopf getötet, ohne aber viel davon zu fressen; möglicherweise war noch ein zweiter Wolf beteiligt. Solche Vorfälle passieren immer wieder einmal, wenn auch oft nicht so schlimm. Der Besitzer der Schafherde, der den Verlust ersetzt bekommt, wäre schadlos geblieben, hätte er sich an das vorliegende Buch gehalten. Die Autoren empfehlen darin dringend, Weidetiere in Wolfsrevieren mit einem Elektrozaun von 1,30 Meter Höhe zu schützen – seiner war aber nur die üblichen 90 Zentimeter hoch.

Drahtesel statt Raubtier

Die Medien spielten und spielen bei diesem aufgeladenen Thema nicht immer eine rühmliche Rolle. Besonders peinlich ist die Meldung in einer Jägerzeitung (!), laut der in einem VW des Typs T14 ein "Steppenwolf" von der Polizei sichergestellt wurde. Dies schien eine gängige Theorie der Wolfsgegner – die der "Kofferraumwölfe" aus Polen und Russland – zu bestätigen. Nachforschungen ergaben allerdings, dass es sich um ein Fahrrad der gleichnamigen Marke handelte, das in den Osten geschmuggelt werden sollte neben 13 weiteren.

Beide Autoren wissen sehr genau, wovon sie reden. Sie vermeiden jegliche Verallgemeinerung zum Hauptthema des Buchs, der Koexistenz nämlich mit einem Tier, dessen Bild in uns – wenn überhaupt – von den Märchen der Gebrüder Grimm mit den Illustrationen Moritz von Schwinds (1804-1971) oder von Carl Offterdinger (1829-1889) geprägt wurde. Seit Anfang der 1990er Jahre beschäftigen sich Block und Radinger mit Wölfen in den USA und in Kanada. Zu Hause gründeten sie 1991 eine "Gesellschaft zum Schutze der Wölfe", damals noch zusammen mit dem legendären Wolfskenner Erik Zimen (1941-2003). Radinger gibt zudem ein "Wolf Magazin" heraus.

Im vorliegenden Band legen die Autoren eine umfangreiche "Gebrauchsanweisung" für den Umgang mit der "Bestie" in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft vor. Der Hinweis auf dem Einband "Mit Tipps für Hundehalter, Spaziergänger und Reiter" zeigt schon, in welche Richtung es geht. Dazu kommen im Text noch die Jogger, Radfahrer, Autofahrer, Dorfbewohner und Nutztierhalter. Deren mögliche Begegnungen mit dem Wolf sind ja allesamt gar nicht so unwahrscheinlich, und Wolfsgegner scheinen gelegentlich sehnsüchtig darauf zu warten. Das Resümee der Autoren lautet dennoch: "Aufgrund unserer positiven Erfahrungen mit Wölfen können wir nur folgern, dass das Risiko, heute in Europa ... von einem Wolf angegriffen zu werden, extrem gering ist."

Wehrhafte Schutzhunde

Bloch und Radinger vermitteln die "richtige Einschätzung von Wölfen" im Falle des Zusammentreffens und mahnen einsichtige Verhaltensregeln an. Besonders interessant ist das Kapitel über den Herdenschutz mit Eseln, Lamas und vor allem Liptovski-Berghunden, mit denen die Autoren schon 1993 ein Freilandforschungsprojekt in Polen und der Slowakei starteten. Bekannter sind heute die Pyrenäenberghunde. Diese wachsen als Welpen beispielsweise unter Schafen auf und werden so zum Mitglied der Herde, die sie später mit großem Erfolg bewachen. Die meisten Wolfskonflikte passieren ja mit Nutztieren auf Weiden, und mit jedem gerissenen Schaf ist die Angst unter den Beteiligten wieder da. Die Verlustliste ist aber bisher, mit einigen hundert Tieren pro Jahr, nicht besonders lang (siehe auch hier).

Wolfsgegner, Schäfer, Bauern, allen voran aber die Jäger stoßen sich am Artenschutz, unter den Wölfe seit dem 31.8.1980 durch die Bundesartenschutzverordnung fallen. Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) ist eine staatlich anerkannte Naturschutzvereinigung. Seine Mitglieder rechtfertigen die Jagd etwa auf Schalenwild gerade damit, dass Wolf und Luchs ausgestorbenen sind und sie deren Aufgabe der Bestandsregulierung übernehmen müssen. Nun aber muss auf einmal das Wild vor dem Wolf geschützt werden? Hier prallen unvereinbare Ansichten aufeinander, aber "ohne die Akzeptanz der Jäger hat der Wolf keine Chance", wie die Autoren schreiben.

Das Buch der beiden Wolfskenner und –liebhaber bringt noch etliche weitere Punkte in die Diskussion. Man könne mit den Tieren Politik machen, Geld verdienen mithilfe eines "Wolfstourismus", mehr Wohlwollen erreichen gegenüber den Tieren und ihrem anrührenden Sozialverhalten durch "Wolfsmanagement" und Öffentlichkeitsarbeit. Bloch und Radinger nennen zahlreiche weiterführende Quellen und Webseiten hierzu. Die Bilder in ihrem Band sind einprägsam und zum Text passend ausgewählt. Die Wolfsaufnahmen machen ausnahmslos Freude, alle bis auf eins stammen aus freier Wildbahn, keines aus dem Gehege. Viel mehr braucht es eigentlich nicht, um sich eine realistische Vorstellung von der "Bestie" zu verschaffen. Man darf hoffen, dass das Buch dem Wolf hilft, wirklich wieder heimisch zu werden.

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