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Den Tod im Gepäck

Wir alle werden sterben – diese Tatsache kann niemand leugnen. Das Wissen darum bereitet uns nicht nur ein mulmiges Gefühl, es beeinflusst auch unser Verhalten, wie Sheldon Solomon, Jeff Greenberg und Tom Pyszczynski im vorliegenden Buch erläutern. Die drei US-Professoren für Sozialpsychologie entwickelten ihre "Terror-Management-Theorie" Ende der 1980er Jahre. Demnach erleben wir inneren Terror in Form von Angst, wenn wir uns unsere eigene Sterblichkeit bewusst machen. Dies würde uns lähmen, hätten wir nicht Mechanismen entwickelt, um dem die Stirn zu bieten – unser "Terror-Management".

Dabei greifen wir auf zwei Mittel zurück, wie die Autoren darlegen: unser kulturelles Weltbild und unser Selbstwertgefühl. Alle Kulturen zeichnen sich durch eine gewisse Ordnung und Beständigkeit aus, die dem Leben der Menschen einen Sinn zuschreibt und dem Einzelnen ein Gefühl von Sicherheit gibt. Zudem lassen sie auf Unsterblichkeit hoffen – entweder im übertragenen Sinne, indem man folgenden Generationen im Gedächtnis bleibt, oder durch religiöse Jenseitsvorstellungen. Auch unser Selbstwertgefühl verleiht unserem Leben einen Sinn. Jeder Mensch bezieht es aus individuellen Eigenschaften, etwa Klugheit, Schönheit oder körperliche Stärke.

Das Ende vor Augen

Welche Gefühle löst das Denken an den Tod aus? Was passiert, nachdem man stirbt? Zwei Fragen, die die Autoren ihren Probanden in einschlägigen Untersuchungen stellen. Damit wollen die Sozialpsychologen untersuchen, wie sich das Bewusstmachen der eigenen Vergänglichkeit auf unser Verhalten auswirkt. Mit durchaus überraschenden Ergebnissen: Die so befragten Probanden neigen dazu, Menschen stärker zu diskriminieren, die ein anderes kulturelles Weltbild vertreten. Dieses sei sehr wichtig dafür, Todesängste zu bewältigen, schreiben die Autoren, und das Herabsetzen Andersdenkender diene seiner Verteidigung.

Weiteren Studien zufolge führt das Rütteln am eigenen Weltbild zu unbewussten Todesgedanken. So baten Forscher zwei Probandengruppen ins Labor: Personen, die von der Evolutionstheorie überzeugt waren, und Kreationisten. Alle Teilnehmer bekamen einen Text zu lesen, der die darwinsche Evolutionstheorie bestätigte (und somit den Auffassungen der Kreationisten widersprach). Anschließend sollten die Probanden fehlende Buchstaben in unvollständigen Wörtern ergänzen. Der Test war so konzipiert, dass dabei entweder neutrale Wörter entstehen konnten oder solche, die mit dem Sterben assoziiert waren. Zum Beispiel ließ sich "COFF_ _" entweder zu "COFFEE" vervollständigen oder zu "COFFIN" ("Sarg"). Die Kreationisten wählten häufiger Begriffe, die mit dem Tod zu tun hatten, als die Vergleichsgruppe. In einer anderen Studie bekamen Kanadier einen Text vorgelegt, der entweder Australien oder Kanada verunglimpfte. Auch hier wieder wählten jene, die mit einer Herabwürdigung ihres eigenen Lands konfrontiert worden waren, mit dem Sterben assoziierte Begriffe häufiger aus.

Wie sich der Umgang mit dem Tod im Lauf der Zeit gewandelt hat, erläutern Solomon, Greenberg und Pyszczynski im zweiten Teil des Buchs. Als die Menschen beispielsweise noch Wildbeuter waren, hing ihr Überleben davon ab, ob sie genügend Tiere erlegen konnten. Überließen sie einen Teil der Beute als Dank den Göttern, glaubten sie auch künftig auf eine erfolgreiche Jagd hoffen zu dürfen. So schufen Opfergaben das Gefühl, das eigene Schicksal gewissermaßen zu kontrollieren.

Konsum als Todesbewältigung

Schließlich erörtern die Autoren, wie das Bewusstsein um die eigene Sterblichkeit unser modernes Leben beeinflusst: Es verleite nicht nur dazu, teure Produkte zu kaufen und nach Ruhm zu streben. Es fördere auch die Neigung, die Welt schwarzweiß zu sehen und vermeintlich charismatischen Führern zu folgen. Selbst auf Rechts- und Gesundheitssystem, Politik, Religion und Suchtverhalten wirke es sich aus. Allerdings stellt sich beim Lesen manchmal das Gefühl ein, dass die Autoren übers Ziel hinausschießen, indem sie praktisch jeden Aspekt des Lebens mit der Todesangst verbinden.

Mit einprägsamen Beispielen und verständlichem Sprachstil führen die Autoren gelungen in ihre Theorie ein. Ihr Werk untermauern sie mit Verweisen auf mehr als 400 Studien, was es interessierten Lesern ermöglicht, weiter in die Tiefe zu gehen. Die erläuterten Untersuchungen sind sehr lebendig beschrieben, teils sogar aus Sicht der Probanden. Hier und da mag die Übersetzung einzelner Wörter den Lesefluss stocken lassen, ist aber sonst solide.

Solomon, Greenberg und Pyszczynski zeigen gekonnt, dass das Wissen um den Tod – und nicht der Tod selbst – jener Wurm in unserem Herzen ist, der unser Dasein madig machen kann.

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