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»Die Bibliothek des Wahnsinns«: Vom Premierminister der Hölle und Büchern als Giftschränken

Es wurde Blut als Tinte verwendet, hochgiftiges Arsen auf Einbände gestrichen. Mit seinem Buch holt Edward Brooke-Hitching skurrile Literatur aus den finstersten Ecken von Bibliotheken und Archiven.
Schwebendes offenes Buch in einem Bücherfenster einer Bibliothek

Im Jahr 2002 setzte sich Google ein ehrgeiziges Ziel. Man wollte jedes jemals erfasste Buch digitalisieren. Rund um den Globus durchstöberte man alle Archive und Bibliothekskataloge, deren man habhaft werden konnte. Schließlich kam man auf eine Menge von 129 864 880 Titeln. Doch das dürfte lange nicht alles gewesen sein. Im Laufe der Jahrtausende ging sicher einiges verloren oder wurde einfach nicht erfasst. Das sind genau jene Publikationen, für die sich Edward Brooke-Hitching interessiert.

Der Bestsellerautor und Buchexperte raubt uns in seinem üppig bebilderten Buch »Die Bibliothek des Wahnsinns« so ziemlich jede romantische Illusion, die man mit Büchern verbinden könnte. Er entführt uns zu den tiefsten Abgründen der jahrtausendealten Buchkunst. Denn Brooke-Hitching macht seinen Lesern unmissverständlich klar: Der Schein trügt! Erscheinen uns Bücher heute eigentlich als eher harmlose Objekte des täglichen Lebens, birgt so manche Literatur exzentrische Ideen, mit Blut geschriebene Texte und unsichtbare Codes und Chiffren. Manch Opus brachte buchstäblich sogar den Tod. »So wie es die großen Hauptverkehrsadern des Denkens gibt, entstanden eben auch schmale Seitenwege, Sackgassen oder Einsiedeleien allerhand tollkühner Ideen, die ihren Weg in Bücher gefunden haben«, schreibt Brooke-Hitching.

Vom Premierminister der Hölle und Büchern als Giftschränken

»Kaum ein Werkzeug des Menschen bot magischen Ideen so viel Raum wie ein Buch«, sagt Brooke-Hitching. So bewahrt etwa die größte Sammlung von Zauberbüchern natürlich der Vatikan auf. Dazu gehört das »Grand Grimoire«. Ursprünglich angeblich etwa um 1520 verfasst, wurde es zu einem weltweiten Besteller. Es erlaubt nicht nur, »Lucifuge Rofocale«, den Premierminister der Hölle, anzurufen, sondern gibt auch Hinweise auf Methoden, mit denen Satan neu gewählte Päpste auf seine Seite zieht.

Doch ungewöhnliche Bücher dienten nicht nur dazu, mehr oder weniger skurriles Gedankengut zu transportieren. Manche Werke stechen auch allein durch ihre Physis aus dem Gros der Buchmassen heraus. Da wurden Einbände aus menschlicher Haut gefertigt, da wurde Blut als Tinte verwendet, hochgiftiges Arsen auf Einbände gestrichen, ja es wurden sogar Pistolen in opulenten Bänden versteckt. Wuchtige Bücher wurden mitunter gar als Giftschränke zweckentfremdet.

Mit »Die Bibliothek des Wahnsinns« holt Edward Brooke-Hitching die skurrilste Literatur aus den finstersten Winkeln der Bibliotheken und Archive. Er präsentiert Gedanken, Wissen und Witziges, die eigentlich längst verschwunden waren. Brooke-Hitching haucht den längst vergessenen Werken von Verrückten, Außenseitern und Unangepassten ein zweites Leben ein. Eine Horizonterweiterung der besonderen Art.

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