»Die Energielüge«: Ein Klimabuch für »realistische Optimisten«?
Während die Klimakrise angesichts der weltweiten Extremwetterereignisse zunehmend greifbar wird, schwanken viele Menschen zwischen zwei konträren Wahrnehmungen: Entweder sie befürchten pessimistische Dystopien, in denen durch mangelnden Klimaschutz das Klima und soziale Systeme völlig außer Kontrolle geraten – oder sie flüchten sich in unbegründete Utopien, in denen Techniken der Zukunft alle Probleme lösen werden. Dieses Buch richtet sich an »realistische Optimisten« und versucht, einen Mittelweg einzuschlagen.
Die Einhaltung der aktuellen Klimaziele sei eine unmögliche Illusion. Mit Andeutungen, die aktuelle Politik der »Klimaschauspieler« basiere auf Lügen und dem Verschweigen dieser unbequemen Tatsache, holt das Buch anfangs sicher auch Querdenker und Leugner ab. Spatzenegger stellt aber schnell klar, dass der Klimawandel real und bedrohlich ist, daher sei die Energiewende nötig und zum Glück auch umsetzbar – nur eben nicht so schnell, wie es für die hoch gesteckten politischen Ziele erforderlich sei. Individuelle Anstrengungen seien zwar lobenswert, vor allem aber in Form von Konsumentscheidungen wirksam – und im Vergleich zu politischen Entscheidungen und Marktlogiken wenig bedeutend für das Gelingen der Energiewende. Dabei favorisiert er eine liberale Politik mit wenig konkreten Vorgaben, um die konkrete Ausgestaltung »dem Wettbewerb der besten Ideen, Konzepte und Projekte zu überlassen«.
Der Autor beschäftigt sich als Projektmanager und Berater für Energieinfrastruktur europaweit mit der Energiewende. Bei der Lektüre wird seine Expertise vor allem in der Beschreibung technischer Funktionsweisen und Zusammenhänge deutlich. Nach einer groben Einführung in die grundlegenden Fakten zum Thema Klimawandel erklärt er beispielsweise gut nachvollziehbar, wie sich Residuallast und Winterlücke berechnen – wichtige Knackpunkte bei der ausschließlichen Versorgung mit erneuerbaren Energien.
Manche Abschnitte, wie etwa die sehr ausführliche Beschreibung unterschiedlicher Batteriekonzepte, sind dabei fast zu detailreich geraten. Kapitel zu den gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen kommen hingegen oberflächlich daher – nicht nur durch Quellenangaben wie »verschiedene Quellen«, sondern auch durch teils vereinfachte Darstellungen.
Einerseits betont der Autor die Ungenauigkeit von Klimaszenarien. Zu viele Parameter würden beeinflussen, wie sich das Klima der Zukunft entwickeln wird. Andererseits ist er selbst sich offenbar sicher, insbesondere in politischen und sozialen Fragen genaue Prognosen abgeben zu können, ohne hierfür überzeugende Belege zu liefern. So bietet das Buch zwar anschauliche Erklärungen und gute Denkanstöße, ihm hätte jedoch eine stärkere Fokussierung auf die Kernthemen gutgetan.
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