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»Die Evolution des Universums«: Ausflug an die Grenzen des Kosmos

Die preisgekrönte Wissenschaftskommunikatorin erzählt die Geschichte des Universums in einem wunderschönen, bildgewaltigen Werk.
Komet C/2022 E3 (ZTF)

»Dürfte ich das Buch einmal sehen?« Es kommt nicht häufig vor, dass man in der Öffentlichkeit auf ein Buch angesprochen wird, das man gerade liest. So ist es mir aber während der Lektüre des Buches von Felicitas Mokler geschehen, was dann direkt meinen Eindruck bekräftigt hat: »Die Evolution des Universums« ist ein ausgesprochen schönes Buch, voller fantastischer astronomischer Farbfotos, in hoher Qualität gedruckt. Und auch wenn es mit einem Gewicht von über einem Kilogramm nicht gerade leicht in der Hand liegt, weglegen möchte man es trotzdem nicht. Zu sehr ziehen einen die Bilder in den Bann – offensichtlich auch über mehrere Meter.

Die Autorin präsentiert in neun Kapiteln einen Abriss der modernen Kosmologie – von der Entdeckung der Ausdehnung des Universums vor gut 100 Jahren bis hin zur aktuellen Debatte um die Diskrepanz zwischen den verschiedenen Werten für die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums. Die so genannte Hubble-Konstante kann auf verschiedene Weise gemessen werden, und in den letzten Jahren haben die Astronomen die Genauigkeit immer weiter verbessern können, so dass heute klar scheint: Der Wert, den man aus der kosmischen Hintergrundstrahlung bekommt, stimmt nicht mit dem überein, der sich über die klassischen Methoden der astronomischen Entfernungsleiter ergibt. Der Unterschied ist inzwischen so eklatant, dass sogar darüber spekuliert wird, ob nicht grundsätzlich etwas falsch ist am etablierten Bild des Kosmos.

Natürlich führt Mokler die Leser sachte in die Thematik ein. Der Text ist eine gelungene Mischung, denn sie erklärt über weite Strecken parallel, wie sich unser Weltbild im letzten Jahrhundert entwickelt hat und wie die Evolution des Universums ablief. Den roten Faden liefert dabei die Entwicklung unseres Wissens, das wie zu erwarten zu den großen Rätseln der Kosmologie führt: Was könnte die in vielfältigen, ganz verschiedenen Beobachtungen sichtbare Dunkle Materie sein? Ist die Dunkle Energie tatsächlich die kosmologische Konstante, die in der allgemeinen Relativitätstheorie auftaucht, aber der dort kein natürlicher Wert zugewiesen werden kann? Wie sieht die ganz langfristige Zukunft des Universums aus? Wird es zu einem Big Bounce kommen, oder wird die Dunkle Energie sogar wieder so dominant werden, dass ähnlich wie während der Inflationsphase des Urknalls neue Teilchen-Antiteilchen-Paare entstehen können?

Zu kritisieren gibt es nur wenig an Moklers Buch: So hätte es gut in den Abschnitt über die zeitliche Entwicklung der Geometrie des Universums gepasst, die Tatsache zu erklären, dass Objekte ab einem gewissen Abstand nicht mehr kleiner erscheinen, je weiter sie weg sind. Das Kapitel über Galaxienentwicklung vernachlässigt den Weg der normalen Materie in die Galaxien, die sich entlang des kosmischen Netzes aus Dunkler Materie schon früh zu rotierenden Scheiben anordnete. Nach einem Fehler klingt es, wenn die Autorin behauptet, dass das Radiobild von Sgr A* schwerer zu erhalten gewesen wäre als das von M87, weil sich in Sgr A* das Material schnell, nämlich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewege. Denn Letzteres trifft natürlich auch auf M87 zu; aber ein Umlauf dauert bei M87 auf Grund des 1500-mal größeren Radius auch entsprechend länger, so dass diese Quelle langsamer ihr Aussehen ändert als Sgr A*.

Doch das sind wirklich nur kleine Makel. Das Buch ist eine tolle und hochaktuelle Einführung in die moderne Kosmologie, die ich wärmstens empfehlen möchte. Und um nochmal auf die Bilder zurückzukommen: Sie sind nicht nur ausgesprochen schön, sondern geben oftmals auch ungewohnte Perspektiven – beispielsweise der Vergleich einer Aufnahme des Cepheiden-Sterns in der Andromedagalaxie von Edwin Hubble (1889–1953), der die extragalaktische Natur des Nebels bewies, mit einer modernen Aufnahme. Ebenfalls ungewöhnlich und lehrreich ist es, die Ringe der Supernova 1987A in einem größeren Sternfeld zu sehen. Lassen Sie sich also ruhig von Moklers Werk in Erstaunen versetzen, wenn nicht sogar verzaubern.

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