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Der Goldgier zum Opfer gefallen

Die Völkerkundlerin Ulrike Peters zeichnet ein facettenreiches Bild der Inkakultur.

Es muss ein atemberaubender Anblick gewesen sein, der sich dem Historiker und Abenteurer Hiram Bingham (1875–1956) bot, als er 1911 das heute weltberühmte Machu Picchu in den Anden entdeckte. Er fand einen seit Jahrhunderten von Vegetation überwucherten Ort vor, dessen Wohnhaus-, Palast- und Tempelruinen aus prachtvoll behauenem Granitstein bestanden. Bingham hatte eine der prächtigsten Residenzen der Inka wiederentdeckt, deren Errichtung dem Herrscher Pachacutec (gestorben 1471) zugeschrieben wird. Dank archäologischer Ausgrabungen sind heute 200 Gebäude der Anlage bekannt, insgesamt bot sie wohl 1000 Menschen Platz.

Diese und viele weitere archäologische Stätten machen die Inka zu einer der faszinierendsten Kulturen der Geschichte. Altamerikanistin und Völkerkundlerin Ulrike Peters stellt sie in ihrem Buch vor, wobei sie auf die geografischen und ökologischen Gegebenheiten der südamerikanischen Westküste eingeht, wo sich das Inka-Reich – vor allem auf dem Gebiet des heutigen Peru – einst befand. Zu seinen Vorgängern zählen neben der Chavin- und Moche- auch die Nazca-Kultur (zirka 100–650 n. Chr.), die Peters ebenfalls in einem Überblick behandelt. Das Volk der Nazca hinterließ nahe der gleichnamigen peruanischen Stadt gewaltige Geoglyphen in Form von Scharrbildern. Deren Bedeutung ist nach wie vor ungeklärt und hat zu vielfältigen, teils abstrusen Spekulationen geführt. Heute interpretieren viele Forscher diese Scharrbilder als Prozessionswege bei Fruchtbarkeitsriten. Ebenso wie Machu Picchu gehören auch die Nazca-Linien inzwischen zum Weltkulturerbe.

Befangene Chronisten

Die Geschichte der Inka begann um 1200 mit ihrem mythischen Herrscher Manco Capac. Aus der Nähe Cuscos stammend, gelang ihnen die Eroberung eines riesigen Reichs, das sich bei der Ankunft der Spanier von Teilen des heutigen Ecuador bis ins heutige Chile erstreckte. Es bestand aus den vier Provinzen Chinchasuyu im Norden, Cantisuyu und Antisuyu im Kerngebiet um das heutige Cusco sowie Collasuyu im Süden. Eine ausgetüftelte Herrschaftsstruktur ermöglichte die Verwaltung dieser Gebiete.

Zwar kann sich die Untersuchung der Inka-Zivilisation neben archäologischen auch auf schriftliche Quellen stützen. Doch weist Peters zu Recht darauf hin, dass die Chronisten in der Zeit der europäischen Eroberung wirkten und ihre europäisch-christliche Voreingenommenheit berücksichtigt werden muss, wenn es um die Interpretation ihrer Texte geht. Oft hatten die Verfasser das Bestreben, den vermeintlichen Götzendienst der Einheimischen zu bekämpfen. Die wichtigsten Chronisten stellt Peters in einem Überblick vor.

Ausführlich beschreibt die Autorin die Inka-Gesellschaft, die aus zwei großen Klassen des Adels und dem einfachen Volk bestand. Als Herrscher stand »der einzige Inka« (sapa inca) an ihrer Spitze. Das Land war nicht in Privatbesitz, sondern unter Familienverbänden (ayllu) aufgeteilt. Die Größe des landwirtschaftlich genutzten Territoriums ließ sich entsprechend der Personenzahl des Verbands immer wieder neu anpassen. Während der Adel steuerfrei lebte, war die Bevölkerung zu Arbeitsdiensten verpflichtet.

Peters verweist darauf, dass zu den wichtigsten Verwaltungsinstrumenten ein umfangreiches Straßennetz von zirka 40 000 Kilometer Länge zählte, das einzelne Städte und Provinzen miteinander verband. Reittiere und Wagen kamen allerdings erst mit den Europäern ins Land. Vorher waren die Inka ein Volk von Fußgängern. Daten über die Bevölkerungsgröße einzelner Provinzen, über Ressourcen und Produkte, eventuell aber auch über historische Ereignisse wurden in einer Knotenschrift (quipus) festgehalten, deren System Peters ebenfalls kurz erläutert. Sie ist erst zum Teil entschlüsselt.

Den Inka wurde im 16. Jahrhundert die Gier der spanischen Eroberer nach Gold und Reichtum zum Verhängnis. 1532 nahmen die Eindringlinge unter Francisco Pizarro (um 1478–1541) den letzten Inka-Herrscher Atahualpa (1502–1533) gefangen. Mit seiner versprochenen Freilassung erpressten sie die Reichtümer des Landes – bevor sie ihn 1533 unter dem Vorwand, einen Aufstand geplant zu haben, trotzdem ermordeten.

Peters präsentiert in ihrem Buch eine kompakte Gesamtdarstellung der Inka-Kultur, ihrer Vorläufer, ihrer Geschichte und ihres Untergangs. Die Autorin wendet sich besonders an Leser, die eine gut verständliche Einführung ins Thema suchen. Das äußert sich auch im Literaturverzeichnis, in dem vor allem Einstiegsliteratur zu den jeweiligen thematischen Teilbereichen aufgelistet ist.

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