»Die Kunst der Ausrede«: So schlimm wird es schon nicht …
»Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.« Dieser Satz des irischen Schriftstellers George Bernhard Shaw bringt recht gut auf den Punkt, woran es auf dem Weg zu effektivem Klimaschutz oft hakt. Denn die Einsicht, dass gehandelt werden muss, ist da. Die Absichten sind die besten. Und die Handlungen – nun ja, die bleiben im Stadium guter Vorsätze stecken.
25 Ausreden unter die Lupe genommen
In seinem Buch »Die Kunst der Ausrede« nimmt der Psychologe Thomas Brudermann 25 Ausreden in den Blick, die einem klimafreundlichen Verhalten auf der individuellen Ebene im Weg stehen – und beleuchtet die dahinterliegenden psychologischen Muster. Eines macht der Autor gleich am Anfang seines Buchs deutlich: Niemand hat ein Interesse daran, das Klima bewusst zu schädigen oder sich umweltschädlich zu verhalten. Grundsätzlich stimmen die meisten Menschen darin ein, dass es ein wichtiges und lohnenswertes Ziel ist, Treibhausgasemissionen zu vermeiden, um den Klimawandel nicht noch weiter anzuheizen. Aber den meisten von uns gelingt ein klimafreundliches Verhalten eher schlecht als recht, was auch an den subtilen psychologischen Mechanismen liegt, mit denen wir uns selbst austricksen. Dass da irgendetwas nicht so ganz richtig läuft, wenn wir auf der einen Seite mit dem Lastenrad auf dem Wochenmarkt lokal einkaufen, penibel Müll trennen und Elektroauto fahren, um uns auf der anderen Seite ausnahmsweise den Flug auf die Kanaren zu gönnen und Produkte vom anderen Ende der Welt liefern zu lassen – das ahnt wohl jeder.
In der Liste der Ausreden, die Brudermann anführt, ist für jeden etwas dabei: »Es ist zu spät«, »Im Großen und Ganzen bin ich doch umweltfreundlich«, »Aber in China …«, »Neue Technologien werden das Klima retten« sind nur einige Beispiele, auf die er eingeht. Die dahinterliegenden Mechanismen erklären sich dann beispielsweise über das Konzept der erlernten Hilflosigkeit (für die Ausrede »Es ist zu spät«), das im Tierversuch sogar dazu führt, dass Hunde sich Elektroschocks nach einer Weile nicht mehr durch Flucht entziehen, selbst wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Oder über den Mechanismus eines »moralischen Lizensierens«, wenn man fragwürdige Handlungen durch eine gute Tat in einem anderen Bereich rechtfertigt – auch wenn die Dimensionen, die gegeneinander aufgerechnet werden, in keinem Verhältnis stehen. Das (energieintensiv produzierte) Lastenrad taugt eben nicht als Ausrede für einen Flug auf die Kanaren.
Solche und ähnliche Ausreden beschreibt der Autor kurz, unterhaltsam und gut leserlich und hinterlegt seine Darstellung mit einem fundierten Quellenverzeichnis und dem Verweis auf weitere Literatur. Ob nun Selbsterkenntnis wirklich zu einer Verhaltensänderung führt und ob diejenigen, denen an kritischem Selbsthinterfragen nicht gelegen ist, überhaupt zu diesem Buch greifen, sei dahingestellt. Vielleicht entsteht dadurch etwas mehr Ehrlichkeit – zumindest sich selbst gegenüber.
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