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Geborene Pessimisten

Es erfüllt vermutlich einen Zweck, warum wir oft schwarzsehen – und es lässt sich gezielt überlisten.

Manchmal genügt ein schlimmes Ereignis, um das Leben zu prägen, eine heftige Auseinandersetzung, so dass eine Beziehung zerbricht. Der Sozialpsychologe Roy F. Baumeister und der Journalist John Tierney, der lange für die »New York Times« gearbeitet hat, führen in ihrem Buch vor Augen, dass es meistens schlechte Erlebnisse sind, die sich langfristig auswirken. Umgekehrt ist das quasi nie so. Negatives wirkt nämlich deutlich stärker als Positives, erklären sie. Anhand von Studien stellen sie eine Faustregel auf: Um ein negatives Erlebnis aufzuwiegen, braucht es etwa vier positive. Dieser Hang zum Negativen bringt Menschen vermutlich dazu, aus Fehlern zu lernen.

Schöne Nostalgie

Es erfüllt also einen Zweck, dass wir oft schwarzsehen. Aber wie können wir trotzdem gut leben? Besonders hilfreich sind da vielleicht Tipps aus der Positiven Psychologie. Unterschiedliche Techniken sollen dabei unterstützen, den Blick ganz bewusst auf Schönes und Sinnhaftes zu lenken. Die Autoren empfehlen etwa, hin und wieder in nostalgischen Erinnerungen zu schwelgen: Das wird oft als Sinn stiftend erlebt und kann die »Macht des Schlechten« überlisten. Zudem gibt es Hoffnung für jüngere Pessimisten. Denn im Alter zeigte sich in Studien ein Positivitätseffekt. Ältere Menschen haben es möglicherweise weniger nötig, aus ihren Fehlern lernen. Daher gelingt es ihnen leichter, den Moment auszukosten und sich von negativen Emotionen zu distanzieren.

Leider sind Erkenntnisse aus der Positiven Psychologie im Buch eher kurzgehalten. Öfter geht es dagegen darum, wie Führungskräfte die Negativitätsfalle umgehen. Baumeister und Tierney thematisieren etwa, wie die Leistung von Mitarbeitern gesteigert werden kann oder mit schlechten Bewertungen auf Onlineportalen umzugehen ist. Strafe wirke dabei effektiver als Belohnung, so die Autoren. Denn Letzteres fruchte langsamer. Daher postulieren sie: »Weniger Zuckerbrot, mehr Peitsche« – das gelte für die Arbeitswelt genauso wie für die Kindererziehung. Als Mittel zum Zweck könnten auch Schuldgefühle dienen. Solche und andere Vorschläge, den Hang zum Negativen zu nutzen, muten allerdings ein wenig wie Manipulation an.

Mit ihrem Buch beweisen Baumeister und Tierney einmal mehr den Inhalt: Einige bittere Töne bleiben hängen. Dennoch ist die Lektüre bereichernd. Zum Schluss erläutern sie, wie die Medien unsere Sicht auf die Welt zum Schlechten verzerren können. Als Gegengewicht liefern sie Fakten, die zeigen, dass vieles nicht so dramatisch ist, wie Schlagzeilen es suggerieren. Eventuell beruht also auch ein sehr düsteres Weltbild überwiegend auf falschen Wahrnehmungen.

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