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Verehrt und abgelehnt

Als der phönizische Händler Epidemais die beiden Gallier Asterix und Obelix einlädt, sie per Schiff nach Rom zu bringen, ist die gute Geste nur schöner Schein. In Wirklichkeit plant er, sie bei der Ankunft in Rom als Sklaven zu verkaufen. Diese Episode aus dem Comic "Asterix als Gladiator" wurde angelehnt an Homers "Odyssee" und zeichnet ein verbreitetes Bild der Phönizier: jenes nämlich der hinterlistigen, skrupellosen Händler. Ein anderes Stereotyp, das man mit diesem semitischen Volk des Altertums verbindet, ist das des weltgewandten Kaufmanns, der neben Gütern auch Kultur verbreitet.

Seit der Antike wurden die Phönizier sowohl verehrt als auch zutiefst verachtet. Das Bild dieser Händler und Seefahrer könnte ambivalenter kaum sein. Doch wer waren die Phönizier wirklich? Dieser Frage geht Bärbel Morstadt, Juniorprofessorin für die phönizische Diaspora an der Ruhr Universität Bochum, im vorliegenden Werk nach. Ihre gelungenen Texte hat sie mit interessanten und aufschlussreichen Abbildungen von Ausgrabungsgegenständen und Karten ergänzt.

Im ganzen Mittelmeerraum präsent

Zunächst beschreibt Morstadt die Darstellung der Phönizier in der neueren Geschichte. Hierfür stellt sie verschiedene Strömungen wie den Orientalismus oder den Phönizianismus dar. Danach geht sie auf die problematische Quellenlage ein und erörtert, wie schwer die begriffliche Herleitung des Worts Phönizier ist. Ihre übersichtliche und klar strukturierte, methodische Einführung ist nicht nur für Geschichtswissenschaftler lesenswert, sondern gewährt auch Laien einen Einblick in die wissenschaftliche Arbeit von Historikern.

Im Hauptteil des Buchs untersucht Morstadt das Leben und Wirken der Phönizier innerhalb und außerhalb ihres Stammlands. Der Siedlungsraum des semitischen Volks umfasste den heutigen Libanon, den südlichen Teil der syrischen Küste bis Arwad und den nördlichen Teil Israels bis Akko. Jenseits dessen gelangten die Seefahrer beispielsweise auf die italische und die Iberische Halbinsel sowie an die nordwestliche afrikanische Küste und nach Malta. Anhand von schriftlichen Quellen und archäologischen Funden befasst sich die Autorin mit wichtigen Wirkstätten dieses Volks, etwa den Städten Tyros, Sidon und Byblos. Zudem skizziert sie die Entwicklung der Handels- und Machtverhältnisse zu anderen Kulturen und den Austausch mit denselben.

Von der phönizischen Expansion bis zur Eingliederung phönizischer Städte in die hellenistische Welt gelingt Morstadt ein umfassender Streifzug durch die Geschichte, ohne dass sie dabei den roten Faden verliert. Dabei beleuchtet sie methodische Probleme, die beim Erforschen der Phönizier immer wieder auftreten – etwa hinsichtlich der schwierigen Vereinbarkeit von Schriftquellen und archäologischen Funden.

Wer sich aus wissenschaftlicher Sicht oder als geschichtsinteressierter Laie mit den Phöniziern beschäftigen möchte, dem ist Morstadts Werk zu empfehlen. Die Autorin stellt das komplexe Thema klar strukturiert und verständlich dar und baut bei aller wissenschaftlichen Korrektheit erzählerische Spannung auf. Ihr kritisches Hinterfragen des Forschungsbetriebs liefert zwar keine neuen Antworten, aber durchaus neue Perspektiven. Das Ziel, die Leser ins Thema einführen und ihnen einen Überblick über die aktuelle Forschung zu verschaffen, erfüllt das Werk voll und ganz.

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