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Der Weg ist das Ziel

James Cheshire und und Oliver Uberti lüften in diesem Buch eines der großen Geheimnisse unserer Erde: Wohin die Tiere auf ihren Wanderungen gehen. Cheshire, Geograf und Dozent am University College London, und Uberti, Designer und früherer Bildredakteur bei "National Geographic", haben einschlägige Erfahrung: Ihr Erstlingswerk "London – The Information Capital" erhielt 2015 den Preis der British Cartographic Society für herausragende Kartografie.

"Die Wege der Tiere" vereint 50 aufwändig gestaltete Karten, die auf jahrzehntelang von Forschern erhobenen Datensätzen beruhen. Zusammen dokumentieren sie Tierwanderungen zu Land, Wasser und in der Luft. Jahr für Jahr durchqueren unsere irdischen Mitbewohner die Kontinente auf Wegen, die Jahrzehnte alt oder noch viel älter sind.

GPS macht's möglich

Es ist noch nicht lange her, da waren Biologen und Zoologen darauf angewiesen, Fußabdrücke und Hinterlassenschaften von Wildtieren zu interpretieren, wenn sie Informationen über deren Wanderwege und Zugrouten gewinnen wollten. Heute gehört das dank GPS-Technik der Vergangenheit an. Die miniaturisierten Geräte erlauben nicht nur, die Position des Tiers zu bestimmen, sondern liefern auch Daten zu Beschleunigung, Klimafaktoren und Lichtverhältnissen. Auch werden die Positionen der Tiere nicht nur einmal täglich erfasst, sondern alle paar Sekunden.

Cheshire und Uberti stellen uns viele erstaunliche Tierwanderungen vor und zeigen, dass Forscher hier immer wieder mit neuen Probleme konfrontiert werden. Etwa wenn es gilt, die Bewegungen einer Ameisenkolonie zu erfassen oder Planktonbewegungen aufzuzeichnen. Winzige Barcodes, geklebt auf den Rücken der Insekten, ermöglichen es, am Alltag einer Ameisenkolonie teilzuhaben und die gewonnenen Daten zu nutzen, um Software für Logistikunternehmen zu entwickeln. Die größte Tierwanderung allerdings ist die des Planktons. Allabendlich findet eine vertikale Umverteilung aus den Tiefen des Ozeans an die Wasseroberfläche statt, die der Nahrungsaufnahme dient. Bei Tagesanbruch geht es dann wieder abwärts. Sichtbar machen lässt sich das mit fluoreszierenden Nanopartikeln, mit denen die Tiere bestrichen werden.

Todesfalle Autobahn

Die Autoren beschreiben noch weitere faszinierende Möglichkeiten des modernen Geotrackings. So macht ein GPS-Sender mit integriertem Geschwindigkeitssensor die Forscher auf einen angeschossenen Elefanten in Kenia aufmerksam. Das Tracking von Pumas in Südkalifornien wiederum offenbart, dass deren Bewegungsfreiheit stark durch Autobahnen eingeschränkt wird. Lediglich einem einzigen Tier, genannt "M86", gelang es, die Interstate 15 zu überqueren – um auf dem Rückweg überfahren zu werden. Die übrigen Tiere der Population stehen vor einem Inzuchtproblem, da ihr Genpool stetig kleiner und ihr Lebensraum dramatisch zerklüftet wird. Cheshire und Uberti führen zahlreiche weitere Beispiele an, die zeigen, dass Tiere uralte Zugrouten ändern, weil der Mensch mit seinen Autobahnen, Agrarflächen und Städten ihnen keine andere Wahl lässt.

Das Buch widmet sich ebenso den Wegen des Homo sapiens und zeigt, dass die Technik, mit der wir die Wanderungen der Tiere erforschen, dieselbe ist, mit der wir mehr über uns erfahren wollen. Smartphones sollen Depressionen tracken; Fitness-Apps unserer Mobiltelefone geben gesundheitsbezogene Daten weiter; Dienste wie Google oder Whatsapp ermöglichen es, den Aufenthaltsort von Freunden und Familienmitgliedern zu ermitteln. Geotracking hat also längst auch Einzug in unser Privatleben gehalten.

Das liebevoll gestaltete, laienverständliche Kartenmaterial ist von aufschlussreichen Texten ergänzt. Die Leser erfahren viel Neues über die behandelten Arten und erkennen, dass der Mensch den Tieren manchmal buchstäblich im Weg steht.

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