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Wiederentdeckung eines Genies

Im Gegensatz zu anderen Größen des 17. Jahrhunderts wie René Descartes und Isaac Newton haben viele noch nie von Christiaan Huygens gehört – zu Unrecht, wie der Autor Hugh Aldersey-Williams betont.

Der Niederländer Christiaan Huygens war einer der Genies unter den Naturforschern des 17. Jahrhunderts – vielleicht sogar der einzige, der einem Vergleich mit Isaac Newton standhalten kann. Seine wichtigen Arbeiten sind in den gleichen Gebieten angesiedelt: Mathematik, Astronomie und Physik, hier vor allem Mechanik und Optik. Zu Lebzeiten berühmt und hoch geachtet, verblasste seine Bekanntheit mit den Jahrhunderten. So klagt der Autor Hugh Aldersey-Williams also zu Recht, Huygens erfahre – wenn auch nicht im eigenen Land – bisher insgesamt viel zu wenig Würdigung. Mit seinem Buch »Die Wellen des Lichts« möchte er Huygens' Bedeutung auch bei der Erfindung der modernen Naturwissenschaften ein Stück mehr gerecht werden.

Das goldene Zeitalter der Niederlande

Aufgewachsen ist der Gelehrte in einer so gebildeten wie reichen Familie in Den Haag, im »Goldenen Zeitalter« der Niederlande. In Leiden studierte er Mathematik und glänzte dort bereits mit Berechnungen zur Quadratur von Kegeln und Vorarbeiten zur Infinitesimalrechnung. Zudem gilt er als einer der Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Wie so viele war auch er stark von Descartes' Philosophie beeinflusst, in der Physik löste er sich jedoch von dessen rein rationalistischer Betrachtungsweise. Huygens hat selbst Linsen geschliffen und Fernrohre konstruiert, mit denen er die Saturnringe entdeckte. Dabei fand er auch heraus, dass dieser Planet, ebenso wie die Erde, einen Mond besitzt. Durch Versuche zur Kreisbewegung und mit Pendeln formulierte er das Gesetz der Zentripetalkraft. Seiner Meinung nach würdigte Descartes die experimentelle Methode zu wenig – dennoch blieb er dessen mechanistischem Weltbild verbunden.

Auch das Licht erklärte Huygens auf mechanistischer Grundlage. Das nach ihm benannte Prinzip der Elementarwellen wird heute noch in jedem Lehrbuch der Optik behandelt. Der Niederländer hat seiner Forschung einfache und zahlenmäßig erfassbare physikalische Prinzipien zu Grunde gelegt. Er fand, aufbauend auf Galileis Arbeiten, quantitative Lösungen spezieller Probleme. Ein besonderes Kennzeichen seiner Arbeit ist die theoretische Forschung in Mathematik und Mechanik gepaart mit einem Interesse für Technik und Maschinen, also praktische Anwendung und Erfindung zugleich. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung der Pendeluhr, wodurch er zum Begründer der exakten physikalischen Zeitmessung wurde.

Die europäische Wissenschaftsgemeinde erkannte Huygens' Leistungen an und würdigte sie. So wurde er 1663 als einer der ersten Ausländer zum Mitglied der britischen Royal Society ernannt, eine der angesehensten Wissenschaftsvereinigungen, und der erste Leiter der neuen französischen Académie des Sciences in Paris.

Der Autor Aldersey-Williams ist gelernter Chemiker, hat sich aber auf kulturgeschichtliche Unternehmungen verlegt. Er betätigt sich journalistisch, verfasst populärwissenschaftliche Bücher und kuratiert Ausstellungen. Dabei sind seine Interessen weit gestreut und reichen von modernem Design über historische Anatomiedarstellungen bis zur Kulturgeschichte von Ebbe und Flut. Autor und Verlag lassen erkennen, dass es sich hier nicht um ein akademisches Werk, sondern eine ambitionierte populärwissenschaftliche Biografie handelt, die sich auch etlicher Originalquellen bedient. Die deutsche Übersetzung ist dabei mitunter ein wenig zu prosaisch geraten. Ob man etwa einer »Lache aus Licht« unter dem Fenster Gefallen abgewinnen kann, ist Geschmackssache – die auftretenden Satzungetüme mit zu vielen Kommas und unsinnigen Stückelungen sind es allerdings nicht.

Aldersley-Williams neigt dazu, Fakten und Inhalte aneinanderzureihen, aber auch hin und her zu springen, oftmals ohne einen roten Faden erkennen zu lassen oder intrinsische Zusammenhänge zu erklären. Die ideengeschichtliche Einbettung wird zu Gunsten von Details wie der Aufzählung gegessener Eissorten doch etwas vernachlässigt. Grundsätzlich jedoch versucht der Autor dankenswerterweise, eine Lücke in der Rezeptionsgeschichte der Naturwissenschaften zu füllen.

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