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»Die Welt der Pflanzen«: Pflanzliche Weltgeschichte

Welche Rolle Pflanzen in der Geschichte gespielt haben, schildert der Autor äußerst unterhaltsam, aber auch mit viel Fachwissen.
Eine Rafflesia arnoldii mit ihrer riesigen roten Blüte im Urwald.

Pflanzen sind die Grundlage unseres Lebens. Sie liefern uns Nahrung, versorgen die Welt mit lebenswichtigem Sauerstoff oder kühlen als natürliche Klimaanlagen unsere Städte herunter. Sogar ein Teil der Weltgeschichte lässt sich anhand von Pflanzen erzählen. Genau das tut Stefano Mancuso, Professor für Pflanzenkunde, in seinem Buch »Die Welt der Pflanzen … und wie sie Geschichte machen«, das nun auf Deutsch erschienen ist – übersetzt aus dem Italienischen in einem angenehm zu lesenden Stil.

Das Buch ist untergliedert in verschiedene Themenkomplexe und -bereiche, in denen Pflanzen weltgeschichtlich eine Rolle gespielt haben. Dabei gelingt dem Autor eine geschickte Verknüpfung von Fachwissen und dem Erzählen von Geschichten. Im 17. Jahrhundert beispielsweise entstand die Idee der Freiheitsbäume. Heutzutage weitestgehend in Vergessenheit geraten, verbanden sie zu Zeiten der Französischen Revolution ganze Volksgruppen und waren ein weithin sichtbares Symbol für die Freiheit der gebildeten Bevölkerung. So ist es nicht verwunderlich, dass sie vermutlich deshalb erneut auf dem nordamerikanischen Kontinent während der amerikanischen Bürgerkriege als Idee und Symbol wieder auftraten. Das erzählt der Autor jedoch nicht wie ein trockenes Geschichtsbuch. Im Gegenteil: Mancuso steigt mit einer persönlichen Geschichte in das Thema ein und nimmt den Lesenden mit auf einen Markt für antiquarische Bücher in Paris. Dort kommt es zu einem Zufallsfund und einer denkwürdigen Begegnung, von der der Autor anschaulich berichtet.

Doch Pflanzen finden sich noch in vielen weiteren Bereichen des Lebens wieder. In der forensischen Botanik beispielsweise halfen sie, Kriminalfälle zu lösen. Der berühmteste Fall dabei dürfte der des Lindbergh-Mörders sein – und vermutlich auch der Fall, mit dem die forensische Botanik ihre ersten Schritte als eigene Wissenschaft machte. Das belegen auch  wissenschaftliche Veröffentlichungen, die Mancuso geschickt in seine Erzählungen einwebt. Deutlich wird das beispielsweise, als Mancuso die Rolle der Pflanzen in Städten im Hinblick auf den Klimawandel beschreibt: Sie sorgen im Sommer für kühle und reine Luft, halten das Wasser im Boden und bilden für das Auge entspannende Punkte in der Betonwüste.

Gleichzeitig sind Pflanzen stumme Zeitzeugen dessen, was über Jahrhunderte – und in wenigen Fällen sogar in einzelnen Jahrtausenden – klimatisch auf der Welt passiert ist. Mittels ihrer Jahresringe erzählen Bäume von trockenen, aber auch ausgeglichenen Zeiten. Das kann, wie der Autor in eigenen Untersuchungen festgestellt hat, sogar entscheidend für die Qualität der Produkte sein, die aus dem Holz hergestellt werden. Und genau das könnte der Grund sein, warum Streichinstrumente von Stradivari und zeitgenössischen Kollegen bis heute unübertroffene Klangerlebnisse liefern, die Instrumente aber trotz umfangreicher Analysen nie so nachgebaut werden konnten.

In seinem Buch erzählt Mancuso anhand von Pflanzen nicht nur Weltgeschichte, sondern auch ein Stück Wissenschaftsgeschichte nach – und das auf eine so unterhaltsame Art und Weise, dass am Ende des Buches ein Stück Wehmut bleibt, weil die Lesenden unwillkürlich das Gefühl beschleicht, dass viele Geschichten unerzählt bleiben.

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