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»Die Welt«: Eine Universalgeschichte voller Sex und Gewalt

In Simon Sebag Montefiores Buch kehrt die Universalgeschichte wieder. Sein roter Faden überzeugt dabei ebenso wenig wie seine Detailschärfe bei Grausamkeiten.
Ägyptischer Pharao (Symbolbild)

Der erfolgreiche Sachbuchautor und Historiker Montefiore legt eine Universalgeschichte vor, welche die Familie als roten Faden propagiert, der in allen Epochen und in allen Kulturen das politische und gesellschaftliche Leben prägt.

Sie beginnt mit den Pharaonen, blickt in alle bekannten Teile der Welt und in die jeweiligen Epochen. Die Assyrer kommen genauso vor wie China, Indien, der Islam. Das Buch erzählt von Afrika, den Inkas, den Habsburgern, den Romanows, vom Kolonialismus, selbstredend von den Weltkriegen, von Persien und den Kennedys. Es endet mit den Bin Ladens, Trumps und Xis. Es prophezeit für heute Düsteres, träufelt aber einen Funken Hoffnung hinein.

Angesichts einer feministischen Kritik an patriarchalischen Familienstrukturen verteidigt Montefiore die Familie als Keimzelle der Menschheit, des Staates und als übergreifende immer präsente Lebensform, ohne welche die Menschheit nicht überleben könnte. Das Ergebnis ist eine traditionelle Heldengeschichte. Denn es geht um führende Politiker und damit um die großen Reiche und darum, wie sie von ihren Führern geschaffen und verspielt werden. Sozialen Entwicklungen verdanken sich die Reiche offenbar nicht. Das ist der überholte Blick der traditionellen Nationalgeschichte des 19. Jahrhunderts.

Aber offenbar kehrt alles wieder, auch die Universalgeschichte. Sie wirft unweigerlich einen bestimmten Blick auf das Geschehen, der alle anderen Perspektiven ausgrenzt und somit die Geschichte nach Gutdünken versteht. Daher wirken solche Universalgeschichten heute in jeder Hinsicht als willkürlich und weit hergeholt beziehungsweise ideologisch. Aber wie alle Universalhistoriker behauptet Montefiore natürlich, den entscheidenden Blickwinkel zu haben. Es geht indes dabei nicht um die sich verändernden Familienstrukturen in den verschiedenen Epochen, Kulturen und Klassen, sondern nur um die sogenannten großen Familien, welche die berühmten Männer hervorgebracht haben. Das ist längst bekannt.

Immerhin spielen auch die Frauen eine Rolle: als Gattinnen, Mütter, Schwestern und Töchter. Aber es bleiben die familiären Rollen der Frauen, selbst wenn manche Frauen als Königinnen keine schlechte Figur machen. Primär kommen sie als Objekte der Begierde oder als Gebärende vor – kein Wunder, das war und ist vielerorts immer noch so.

Grausamkeiten werden detailliert beschrieben

Wenn für Montefiore die Familie der Ort ist, an dem die Menschheit entsteht und sich regeneriert, der Ort der Liebe, der Fürsorge, des Zusammenhalts – und dadurch der Machtentfaltung, aber auch der tödlichen Konkurrenz wie des Kampfes großer Familien gegeneinander –, geht es um eine kleine Minderheit. Derart wird die Familie den Bestand der Menschheit schwerlich sichern. Höchstens den der großen Führer. Zudem nehmen Familienstrukturen in der Politik häufig mafiösen Charakter an, bereichern sich die Familien durch ihre Macht. Wenn der Autor nicht verschweigt, dass die überwältigende Mehrheit der dargestellten Führerinnen und Führer alles andere als monogam und treu sind, dass sie vielmehr häufig unendlich viele Liebschaften haben, stellt auch das die Bedeutung der Familie eher in Frage.

Vielleicht entsteht dieser Eindruck deswegen, weil das Buch nicht nur diese nicht familiären sexuellen Praktiken schildert, sondern sich auch häufig detailliert in bestialischen Grausamkeiten ergeht, gerade mit Blick auf die außereuropäische Geschichte. Will es damit die Grausamkeiten des Kolonialismus relativieren? Aber das Buch besteht nun mal weitgehend aus Kriegsgeschichten. Das wirkt marktschreierisch: Sex, Gewalt und Grausamkeit. Das muss man nicht lesen, schon gar nicht häufig weitschweifige 1500 Seiten lang. Vor diesem Buch kann man nur warnen – Note: 6.

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