»Duftreich«: Luftiges zum Duft
Wonach riecht Mesifuran, und in welchen Früchten ist es enthalten? Dieser und ähnlichen Fragen geht Harold McGee in »Duftreich« nach. Bekannt wurde McGee als Autor des Buches »On Food and Cooking« aus dem Jahr 2004, in dem er sich mit der Molekularküche beschäftigt. Mit »Duftreich« knüpft McGee daran an und legt eine umfangreiche Zusammenstellung chemischer Substanzen und ihrer Gerüche vor.
Der Inhalt ist nach Geruchsquellen in fünf Teile aufgeteilt: »Die einfachsten Gerüche«, »Tiere«, »Landpflanzen«, »Land, Wasser, Leben nach dem Tod« und »Erwählte Gerüche«. Der Autor legt dar, welche Moleküle in welchen Stoffen vorhanden sind und wie diese riechen. Damit erinnert das Buch an das Standardwerk »Riechstoffe und Geruchssinn. Die molekulare Welt der Düfte« aus dem Jahr 1990 des Riechstoffchemikers Günther Ohloff, das auch in englischer Sprache erschienen ist. Leider wird darauf kein Bezug genommen.
»Duftreich« illustriert viele interessante Details zum Thema. Allerdings muss man anmerken, dass Riechen nur auf der Basis von Molekülen nicht erklärt werden kann und ohne Bezug auf anatomische und physiologische Grundlagen nicht wirklich zu verstehen ist. Hinweise darauf vermisst man. Trotz umfangreicher Bemühungen der Wissenschaft gibt es nämlich keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Molekülstruktur und Wahrnehmung. Wie sich grundlegende Faktoren wie Konzentration, Mischungsverhältnisse, Adaptation, Erfahrung und Lernen oder Emotionen auf die Wahrnehmung auswirken, wird nicht erwähnt. Manche Behauptungen sind schlichtweg falsch. So ist Natriumchlorid nicht immer salzig, denn sein Geschmack hängt von der Konzentration ab: Wie seit Langem bekannt ist, kann Natriumchlorid auch süß schmecken. Ähnliches gilt für den Geruch: Skatol riecht unangenehm nach Fäkalien, bei sehr großer Verdünnung besitzt es einen blumigen Duft und wird deshalb auch bei der Parfümherstellung verwendet. Leider wird dies in dem Text kaum berücksichtigt. Und auch die Aussage, dass wir mit »einem gewöhnlichen Atemzug ... zwei bis vier Liter Luft in die Lungen aufnehmen«, ist falsch.
Dem Buch hätte ein sorgfältiges Lektorat gutgetan. So finden sich zahlreiche etwas unglückliche Formulierungen, die offenbar durch eine direkte Übersetzung aus dem englischen Original zustande kommen, wie »dekonstruierte Tiere«, ein »Geruch ... der durch die unzähligen Trittbrettfahrer amplifiziert wird«, »Windelwechselpflichten« oder Moleküle, die »20 Kohlenstoffe lang« sind.
Wesentlich gravierender ist jedoch das Fehlen wichtiger Informationen. So gibt es kein Stichwortverzeichnis, das helfen könnte, Details nachzuschlagen; im laufenden Text nach Stichwörtern zu fahnden, ist bei knapp 500 Seiten unmöglich. Leider werden auch die zahlreichen lose eingestreuten Tabellen nicht erwähnt oder nummeriert. Die umfangreichen Literaturangaben sind interessant, sie folgen jedoch keiner ersichtlichen Logik, auch weil sie im Text nicht erwähnt werden. Zumindest eine alphabetische Reihenfolge würde diesen Teil übersichtlicher machen. Zu dem Kapitel über die Geruchswahrnehmung des Menschen gibt es überhaupt keine Angaben, obwohl es sich dabei um ein umfangreiches und für den Leser doch interessantes Themengebiet handelt.
Zusammenfassend bietet dieses Buch viele interessante Details, die jedoch durch andere Literatur erweitert werden müssen, damit der Leser den Prozess der Geruchswahrnehmung wirklich verstehen kann.
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