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Geschichten aus der Zukunft

Der Physiker und Journalist Christian J. Meier verspricht eine "Geschichte" des Übercomputers. Haben wir was verpasst? Ist der Quantencomputer schon dabei, die Informations- und Kommunikationstechnik umzukrempeln? Natürlich nicht, und der Autor weiß das selbstverständlich auch. In der Tat ist der Titel seines Buchs unsinnig – schade, denn das Werk selbst lässt sich sehr empfehlen.

Mit der "Atomwaffe des Informationszeitalters", so Meier, würden schwierigste und bisher als unlösbar geltende komplexe Aufgaben gelöst, riesige Datenmengen verarbeitet und Informationen mit 100-prozentiger Sicherheit übertragen. Doch der Quantencomputer, der so heißt, weil er mit Quantenbits (Qubits) arbeitet, existiert nur in der Theorie, von allerersten Gehversuchen abgesehen. Immerhin wird schon viel Geld ausgegeben: NSA, NASA und Google, sogar öffentliche Forschungseinrichtungen wie die Yale University oder die Universität Innsbruck investieren beträchtliche Summen.

Neue Möglichkeiten dank Superposition

Die attraktive Zukunftsidee hat den Autor in ihren Bann gezogen. Bevor er die Entwicklung in den zurückliegenden zehn bis fünfzehn Jahren unter die Lupe nimmt, weiht Meier seine Leser behutsam in die bizarre Welt der Quantenphänomene ein. Dabei kommt er natürlich auf Superposition und Schrödingers Katze, Quantenverschränkung und Teleportation zu sprechen. Laienverständlich erläutert er die Funktionsweise des klassischen Computers und den davon völlig abweichenden Mechanismus eines Quantenrechners, wenn es um das Lösen mathematischer Probleme geht.

Die klassische Maschine arbeitet mit einem Binärcode, unterscheidet zwischen Bits in den Zuständen Ja (1) und Nein (0) und verrechnet diese diskret. Das ist sehr präzise – aber bei großen Datenmengen, bei denen Modelle notwendig werden, führen Fehler im Modell schon bei minimalen Ausgangsdifferenzen zu riesigen Abweichungen. Quantencomputer hingegen verarbeiten mehrere Qubits zugleich, bewältigen dadurch größere Datenmengen und liefern zudem fehlertolerante Ergebnisse. Denn sie halten bereits für einfache Aufgaben verschiedene Lösungen gleichzeitig parat. Bei großen Datenmengen erweist sich das als Vorteil: Die Fehler gleichen sich aus, die Ergebnisse sind bei unterschiedlichen Modellansätzen robuster.

Heute gibt es auf dem Gebiet des Quantencomputing rasche theoretische, aber nur winzige praktische Fortschritte. Die Ansätze sind zudem sehr verschieden. Mal dient als Qubit der Spin eines Atomkerns, mal eine angeregte Elektronenhülle und mal die Polarisation eines Photons. Technische Durchbrüche scheitern vor allem daran, die Kohärenzzeit der Qubits (die Zeit, in der ihr Quantenzustand noch nicht zusammengebrochen ist) genügend lange aufrechtzuerhalten. Das Problem tritt besonders stark hervor, wenn man Lösungsstrategien von einfachen Rechenaufgaben auf kompliziertere übertragen ("skalieren") möchte. Denn hierfür benötigt man ein größeres Ensemble von Qubits, und das führt zu viel mehr Möglichkeiten, Informationen mit der Systemumgebung auszutauschen und den Quantenzustand zusammenbrechen zu lassen. Manche Wissenschaftler glauben, diese Barrieren seien grundsätzlicher Art und Quantencomputer blieben auf ewig Theorie.

Schnüffeln mit der Quantennase

Doch die Vorzüge des Quantencomputers erscheinen so faszinierend, dass sie zu kühnen Ideen und Überlegungen verleiten. Beispielsweise könnte er helfen, Rätsel der "klassischen" Biologie mit der Quantenphysik zu erklären. Der Orientierungssinn bei Vögeln oder der Geruchssinn mit seiner unglaublichen Unterscheidungsfähigkeit, ja selbst das menschliche Gehirn würden derart schnell und fehlertolerant funktionieren, dass hier sicherlich Quanteneffekte am Werk seien, schreibt der Autor. Sogar das Erbmolekül DNA sei eine Art Quantencomputer.

Fast philosophisch gipfelt das Buch in einer Hypothese, die auch einige Physiker vertreten: Das Universum selbst sei ein gigantischer Quantencomputer, der seit fast 14 Milliarden Jahren rechne! Und die Suche nach der "Weltformel", die Quantenphysik und allgemeine Relativitätstheorie zusammenführt, könne nur mit einem neuen Verständnis von "Information" mit Hilfe von Quantencomputern gelingen.

Wer naturwissenschaftlich gebildet, vielseitig interessiert ist und dazu ein Faible für Sciencefiction mitbringt, wird das Buch mit Vergnügen verschlingen. Er wird erfahren, dass der ultimative Laptop mit Schwarzen Löchern arbeitet.

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