Direkt zum Inhalt

Der ganz große Bogen

Das Leben hat in seiner mehr als vier Milliarden Jahre währenden Geschichte bereits viele Höhen und Tiefen erlebt. Henry Gee gelingt es, diese wechselvolle Geschichte anschaulich, unterhaltsam und brandaktuell zu erzählen.

»Es war einmal ein riesiger Stern, der im Sterben lag …« Henry Gee beginnt seine Geschichte des Lebens wie ein Märchen. Das Märchen transportiert jedoch keine Moral, sondern die hoffnungsvolle Erkenntnis, dass das Leben immer wieder einen Weg in die Zukunft gefunden hat – egal welche Katastrophen in Form von Asteroideneinschlägen, Vulkanismus oder extremen Klimaschwankungen ihm auch zugesetzt hatten.

Klarer Stil garniert mit britischem Humor

Der Paläontologe und Evolutionsbiologe Henry Gee ist langjähriger Redakteur des Wissenschaftsmagazins »Nature«. Er garniert seinen klaren Stil mit einer ordentlichen Prise britischem Humor. Von den Zyanobakterien im Urozean zur Eroberung des Landes durch Pilze und Pflanzen, von den Dinosauriern bis zur Entwicklung des Homo sapiens: Immer wieder gibt es beim Lesen Aha-Erlebnisse, Zusammenhänge erschließen sich, und Gee findet anschauliche und unterhaltsame Vergleiche, etwa wenn er einen Vorläufer der Wirbeltiere respektlos als »Kartoffel mit Bullaugen« beschreibt oder bei der Bakteriengenetik von einem »genetischen Wühltisch« spricht.

Damit man auf der Reise durch die Jahrmillionen nicht verloren geht, geben sechs Zeitleisten zu Beginn der jeweiligen Kapitel Hilfestellung. Trotzdem wünscht man sich beim Lesen immer mal wieder Illustrationen – gerade weil Gee so lebendige Beschreibungen für die vielen wundersamen Wesen findet, die den Planeten einst bevölkerten.

Gee arbeitet sehr gut heraus, dass es immer wieder gerade die Katastrophen wie extreme Kaltzeiten waren, die dem Leben zu Entwicklungssprüngen verholfen haben. Und er rückt die Bedeutung des Menschen für den Planeten Erde zurecht, wenn es heißt: »Von der gesamten menschlichen Geschichte, so kurz und ereignisreich sie auch gewesen sein mag, (…) wird nichts bleiben außer einer millimeterdünnen Schicht in irgendeinem zukünftigen Sedimentgestein (…).«

Obwohl Gee hervorragend schreibt und die Übersetzung von Alexander Weber sehr gelungen ist, ist die Fülle an Details auf den 240 Seiten so groß, dass man das Buch nicht mal eben wie einen guten Roman verschlingen kann. Man braucht schon etwas Konzentration und Zeit zum Verdauen. Zudem empfiehlt es sich, in die teils langen Fußnoten (50 Seiten am Ende des Buchs) zu schauen. Dort nennt Gee nicht nur Quellen und weiterführende Literatur, sondern weist auch darauf hin, an welchen Stellen seine Beschreibungen mit viel Fantasie zu Stande kamen oder dass es auch andere Deutungen der fossilen Belege gibt.

Das Buch bietet einen verständlichen und aktuellen Überblick über die faszinierende Entwicklung des Lebens auf der Erde. Hier und da hätten es vielleicht auch ein paar weniger Beispiele getan. Besonders interessant wird es gegen Ende, wenn es um die Entwicklung und Rolle des Menschen geht. Denn der Blick auf das Erdgeschehen der vergangenen vier Milliarden Jahre kann auch für das eigene Selbstverständnis und aktuelle Probleme wie Klimawandel und Artensterben sehr anregend und relativierend sein, wie Gee im Nachwort ausführt. Sein Fazit: Verzagt nicht, denn noch dreht sich die Erde und das Leben dauert an.

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Federn – Meisterwerk der Evolution

Der lautlose Flug der Eulen, Langstreckenrekorde von Zugvögeln, bunte Pracht für die Balz, Wärmedämmung und vieles mehr: Federn sind ein Meisterwerk der Evolution. Unsere Titelgeschichte nimmt Sie mit auf eine spannende Reise durch die Entwicklungsgeschichte von einer einfachen Hautstruktur zur hoch spezialisierten Vielfalt des Federkleids heutiger Vögel. Eine weitere Reise, aber mit einem Forschungsschiff, bietet der Beitrag »Am Puls des europäischen Klimas«. Das Ziel der Expedition in die raue Grönlandsee: Daten, die Modelle zur Zukunft der atlantischen Umwälzzirkulation (AMOC) verbessern sollen. Unser Autor Tim Kalvelage war dabei. Um die Forschung an Viren geht es in einem Gastbeitrag von Christian Drosten. Sogenannte Gain-of-function-Forschung verändert deren Eigenschaften – unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen. Mit Aufkommen der These, Sars-CoV-2 stamme aus solchen Experimenten, ist diese Forschung jedoch unter Druck geraten. Christian Drosten legt die Grundlagen und den Nutzen des Forschungsgebiets umfassend dar. Und Antje Boetius, Leiterin des Monterey Bay Aquarium Research Institute, beantwortet eine der großen Fragen der Wissenschaft: »Was lauert in der Tiefsee?«

Spektrum Gesundheit – Sucht – Warum konsumieren Menschen Drogen?

Es gibt viele Wege in die Abhängigkeit. In dieser Ausgabe beleuchten wir, wie Sucht entsteht und warum legale Substanzen dabei besonders gefährlich sind. Außerdem: Was Intervallfasten wirklich bringt, 11 Fakten zur Gürtelrose-Impfung und wann Antibiotika bei einer Erkältung sinnvoll sind.

Gehirn&Geist – Verbrechen: Die Psychologie des Bösen

Warum faszinieren wahre Verbrechen? True Crime ist ein Spiegel unserer psychologischen Neugier: Was macht Menschen zu Tätern – und wie gelingt es Ermittlern, die Wahrheit ans Licht zu bringen? In dieser Ausgabe geht es um die Kräfte, die Menschen in den Abgrund treiben oder zurückholen. Wir zeigen, warum Rache selten Frieden bringt, wie gefährliche Häftlinge in Sicherungsverwahrung leben, was das Stockholm-Syndrom über Überlebensstrategien verrät und mehr.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.