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Der Trost des Fatalismus

Der Philosoph Michael Schmidt-Salomon wendet sich gegen das Prinzip der alternativen Möglichkeiten.

Michael Schmidt-Salomon versucht sich an einer »Philosophie der Gelassenheit« und wendet sich dabei gegen das Prinzip der alternativen Möglichkeiten (PAM). Die Auffassung, wir könnten in einer gegebenen Situation anders handeln, als wir es nun mal tun, trifft seiner Ansicht nach nicht zu. Vielmehr seien wir durch »Milliarden und Abermilliarden von Faktoren« dazu bestimmt, dem zu folgen, was unser jeweiliger Hirnzustand vorschreibe. Ein so drastischer Neurodeterminismus führt allerdings zu gravierenden Konsequenzen. Wie der, dass wir dann niemals abwägen, entscheiden oder uns zu etwas durchringen könnten – es wäre ja stets schon alles klar. Zwar behauptet der Autor, die Abkehr vom PAM entlasse uns keineswegs aus der Verantwortung für unser Tun. Wie und warum, legt er allerdings nicht dar.

Nichts aus freien Stücken

Hauptgewährsmann für Schmidt-Salomons These ist Albert Einstein. Der war auf geniale Weise schöpferisch und noch dazu von heiterer Gelassenheit durchdrungen. Warum? Weil er wusste, dass er nichts ändern kann – so jedenfalls des Autors Erklärung. Stolz auf sich und seine Leistung zu sein, verlöre dann allerdings jeden Sinn, denn man hätte es sich nicht ausgesucht. Genauso wenig sinnvoll wäre es, sich über sich selbst oder über andere zu ärgern, schließlich geschähe nichts aus freien Stücken, sondern nur aus Naturnotwendigkeit. In unserem »Zeitalter des Empörialismus« sei dies, so der Autor, die wichtigste Botschaft: Wer das stolze Ego abstreife, gewinne alle Seelenruhe der Welt.

Das Buch weist eine Reihe von Widersprüchen auf. So gibt Schmidt-Salomon vor, eine Lanze für die Selbstlosigkeit zu brechen, vergleicht sich jedoch mit dem Großdenker Arthur Schopenhauer. Dessen »Aphorismen zur Lebensweisheit« würden sein Monumentalwerk »Die Welt als Welt und Vorstellung« ebenso gut zusammenfassen wie »Entspannt euch!« die früheren Bücher Schmidt-Salomons; aus denen er teils wörtlich zitiert. Der Philosoph betont, er wolle auf keinen Fall »esoterische Lebenshilfe-Literatur« produzieren, schreibt aber, wir trügen sicher ein paar jener Atome in uns, die einst die Körper Jesu und Buddhas formten, und gibt seinen Lesern Ratschläge in der »Du«-Form: »Sieh ein, dass du unter den gegebenen Bedingungen nun einmal nicht besser sein kannst, als du bist.« Wie man das befolgen soll, da es doch keine Alternative gibt? Ein Rätsel.

Eine Argumentationstechnik von Schmidt-Salomon besteht darin, die vermeintliche Gegenposition absurd zu überzeichnen. So bezeichnet er den natürlichen Stolz und die gesunde Selbstüberhöhung als »Trumpsche Perspektive«, die nur Egozentrik, Aggressivität und Verleugnung des wahren Ichs kenne. Die Annahme, ein Mensch müsse in gewissem Rahmen auch anders handeln können (worauf das Strafrecht, ja unser gesamtes Miteinander fußt), vergleicht er mit der Illusion eines »ursachefreien Willens«.

Dabei ist das erklärte Ziel durchaus ein gutes. Sich nicht immer selbst die Schuld zu geben, entlastet. Doch Schmidt-Salomon erklärt uns zu Holz, das von den Wogen des Lebens mal hierhin und mal dorthin getrieben wird. Dass man das Selbst überwinden müsse, um wahrhaft glücklich zu werden, ist eine Phrase, die mit echten Menschen nur so viel zu tun hat, als dass sie über manche Zweifel und Nöte hinwegtrösten mag. Es verlange viel »intellektuelle Reife«, dem grandiosen Ich zu entsagen, heißt es in dem Buch. Man könnte auch sagen: So wahnsinnig bescheiden wie wir ist wirklich nicht jeder.

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