Geld über Kopf
Fast täglich nehmen wir Bargeld in die Hand, zahlen mit Karte oder tätigen Überweisungen. Selbst viele Kinder haben eine genaue Vorstellung von Geld. Man könnte also annehmen, dass Erwachsene längst gelernt haben, vernünftig damit umzugehen. Weit gefehlt, wie die Psychologin Claudia Hammond in ihrem Buch anschaulich zeigt. Denn Geld – obwohl nur ein geistiges Konstrukt – manipuliert unseren Verstand und unsere Gefühle auf vielfache Art und kann uns zu seltsamen, gar irrationalen Handlungen verleiten.
So geben wir Scheine schneller aus, je älter und schmutziger sie sind, obwohl sie dadurch nicht an Wert verlieren. Auch bezahlen Menschen in einem Restaurant mit dem Namen "Studio 97" mehr für eine Mahlzeit als in einem Restaurant namens "Studio 19". Beim Supermarkteinkauf mit Kredit- oder EC-Karte nehmen wir mehr ungesunde Produkte wie Schokolade mit als bei Barzahlung. Schwierigkeiten bereitet auch stets die Einschätzung von Absolut- und Relativdifferenzen: Wenn wir ein Produkt statt für 50 für 30 Euro bekommen, haben wir ebenso 20 Euro gespart, wie wenn wir eines statt für 500 für 480 Euro erwerben. Die relative Ersparnis beträgt im ersten Fall allerdings 40, im zweiten nur 4 Prozent.
Im Monetenrausch
Deshalb, so die Empfehlung der Autorin, sollte man "erst denken, dann zahlen". Leichter gesagt als getan, wie die Leser ihres Buchs schnell merken. Denn die Psychologie des Geldes erscheint nahezu unendlich kompliziert: Wir relativieren Beträge, zahlen sie auf "mentale Konten" ein und messen einem Verlust mehr Bedeutung bei als einem Gewinn. Künftiges Einkommen erscheint uns weniger wert als das Geld, was wir jetzt besitzen. Und wann uns Beträge motivieren oder demotivieren, glücklich oder unglücklich machen, hängt von diversen Einflussfaktoren ab.
Hammond gelingt es trotzdem, strukturiert und allgemein verständlich die größten Irrtümer und Verhaltensmuster rund um das Thema aufzuklären. Dazu erläutert sie die Ergebnisse von mehr als 260 wissenschaftlichen Studien und erzählt Anekdoten aus der Geschichte und ihrem Leben. Das Ergebnis ist ein unterhaltsames Sachbuch, sowohl für Verbraucher als auch für Verkäufer lehrreich. Ein Ratgeber ist das Werk dagegen eher nicht: Die fünf Seiten umfassenden "Geld-Tipps" am Ende des Buchs gehen im Vergleich zum Gesamtumfang fast unter. So bleibt es dem Leser weitgehend selbst überlassen, die beschriebenen Erkenntnisse auf sein eigenes Verhalten zu übertragen. Sein Kontostand wird es ihm danken.
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