Plädoyer für eine bessere Demenzpflege
Jede(r) Zweite bis Dritte von uns werde im Alter entweder selbst dement sein oder einen dementen Angehörigen pflegen, erklärt die Journalistin Sabine Bode. Umso wichtiger sei es, Demenz nicht als "Elendsthema" zu sehen, das es zu verdrängen gelte, sondern als Reifeprüfung für die Gesellschaft. Die Autorin kritisiert, dass die Betroffenen zu oft allein gelassen werden. Ihrer Meinung nach brauchen wir eine intensivere öffentliche Debatte darüber, wie wir als Gesellschaft mit Demenzkranken umgehen wollen.
Dabei hebt Bode nicht den Zeigefinger, sondern betont die positiven Erlebnisse und Begegnungen, die sie während ihrer Recherchen für das Buch hatte. Sie will zeigen, dass der geistige Verfall und seine Symptome nur eine Facette des Themas sind. "Es gibt unzählige gute Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Demenz. Wir haben es hier keineswegs mit einem unlösbaren Problem zu tun."
Den Menschen nicht auf die Krankheit verengen
Bode ist Journalistin und hat sich in ihren bisherigen Sachbüchern vor allem mit Kriegskindern und -enkeln sowie mit Traumata infolge des Zweiten Weltkriegs auseinandergesetzt. Für das vorliegende Werk recherchierte sie eineinhalb Jahre lang und sprach mit zahlreichen Menschen, die in der Demenzpflege und -forschung tätig sind, darunter Heimleiter, Lebensbegleiter und eine "Demenz-Clownin". Die Autorin kritisiert, oft stehe nicht die zu pflegende Person im Mittelpunkt, sondern deren Krankheit. Demenzbetroffene sollten nicht wie Kinder behandelt, sondern in ihren Bedürfnissen und Ängsten ernst genommen werden. Nötig hierfür seien Liebe, Humor und Gelassenheit – eine große Herausforderung für Pfleger, die allzu oft unter Zeitdruck stünden.
Leider gelingt es Bode nicht immer gut, ihre weitläufigen Recherchen in Buchform zu gießen. Gelegentlich vermisst man beim Lesen einen roten Faden. Das Kapitel über Kriegstraumata beispielsweise – ganz klar ein Interessenschwerpunkt der Autorin – schweift zu stark vom eigentlichen Thema ab. Auch wechseln Form und Schreibstil; so streut Bode wiederholt Interviews und Erfahrungsberichte in der ersten Person ein. Das soll wohl für Auflockerung sorgen und tut es auch, wirkt allerdings etwas planlos.
Ihre Grundthese, die aktuellen Probleme in der Pflege seien lösbar, kann Bode dennoch nachvollziehbar begründen. Statt immer mehr Geld in die Alzheimerforschung zu stecken, sollten die Verantwortlichen in eine bessere Pflege investieren, schreibt sie. Wie das gelingen kann, zeigt sie an vielen Mut machenden Beispielen. Das Fazit ihres Buchs: Die in unserer Gesellschaft verbreitete Angst vor Demenz ist vielfach unnötig.
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