Dank Eigeninitiative zu einem starken Immunsystem?
Der Biologe und Sportwissenschaftler Karsten Krüger gibt in seinem neuen Buch einen kurzen Überblick darüber, wie unser Immunsystem arbeitet und an welchen Stellen wir seine Funktion beeinflussen können. Krüger empfiehlt Maßnahmen für ein gutes Immunsystem, die sich von Hygiene und Impfungen über gute Ernährung und körperliche Aktivität bis hin zu Entspannungsübungen und Stressbewältigung erstrecken.
Der Autor hat eine Professur für Sport und Gesundheit an der Leibniz Universität Hannover inne und war früher selbst aktiver Leistungssportler. So wundert es nicht, dass sein Fokus immer wieder auf den besonderen Bedürfnissen ambitionierter Sportler liegt. Als Forscher befasst er sich speziell mit den Wechselwirkungen zwischen sportlicher Aktivität und Entzündungsvorgängen im Körper.
Forschungsfront Biomarker
Chronische Entzündungen waren auch das Thema seines 2017 erschienenen Buchs »Der stille Feind in meinem Körper«. Auf diesem Gebiet wird wissenschaftlich intensiv gearbeitet; entsprechend viele potenzielle Biomarker sind im Gespräch, die möglicherweise mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung stehen. In etlichen dieser Fälle muss sich der klinische Nutzen des jeweiligen Biomarkers hinsichtlich Früherkennung, Diagnose oder Prognose erst noch erweisen. Krüger allerdings stellt solche Zusammenhänge in seinem Buch oft als Tatsache dar.
Nichtsdestoweniger sind Maßnahmen, die Entzündungsvorgänge auf nichtmedikamentöse Weise bremsen und das Immunsystem stärken, häufig begrüßenswert. Dazu gehört auch der »antientzündliche« Lebensstil, den Krüger propagiert. Er umfasst beispielsweise das Fasten, das unabhängig davon, ob es periodisch oder in Intervallen angewendet wird, viele gesundheitlich positive Auswirkungen haben kann. Doch spielen beim Fasten nicht nur »antientzündliche« Faktoren eine Rolle, sondern viele weitere regulatorische Mechanismen. Was das Thema Impfen angeht, findet der Autor hinsichtlich Impfungen, die von der Ständigen Impfkommission empfohlen werden, keine eindeutige Position. Sowohl seine Argumente dafür als auch jene dagegen wirken etwas halbherzig. Hier hat der Autor die Chance vertan, belegbare und klare Aussagen zu treffen.
Krüger benutzt in seinem Buch eine sehr einfache, leicht verständliche Sprache. Das mag für junge Sportler, die sich noch nicht eingehend mit medizinischen Themen befasst haben, erhellend sein. Es trägt aber dazu bei, dass der Informationsgehalt des Buchs unterm Strich kaum über den einer Frauenzeitschrift hinausgeht. Immerhin ist das Literaturverzeichnis, verglichen mit dem Vorgängerbuch, etwas ausführlicher gestaltet, auch wenn immer noch eindeutige Verweise im Text auf die jeweilige Literaturstelle fehlen. Wenn der Autor die Ergebnisse einer bestimmten wissenschaftlichen Studie erwähnt, sollte es den Lesern möglich sein, ebenjene Studie im Literaturverzeichnis aufzufinden. Leider ist das in dem Werk nicht gegeben.
Die angekündigten Themen reißt Krüger meist nur kurz an. Wo es interessant wird, bleiben die Leser in der Regel sich selbst überlassen. Die Kapitelüberschrift »Wie wir durch Denken unsere Immunabwehr beeinflussen können« beispielsweise steht über einem 26-zeiligen Abschnitt, der darüber informiert, dass Psychoneuroimmunologen bestimmte Zusammenhänge zwischen Psyche, Gedanken, Gefühlen und Immunsystem nachweisen konnten. Inhaltlich beschränkt sich die Aussage dieses Abschnitts darauf, dass positive Emotionen unser Immunsystem stärken und negative Emotionen es schwächen. Das ist nun allerdings weder neu noch unumstritten. Auch Kapiteleinleitungen à la »Eine wichtige Maßnahme zum Schutz gegen bakterielle und virale Infektionen ist es, sich gut zu schützen« erscheinen wenig gelungen. Das angepriesene »6-Wochen-Trainingsprogramm für ein starkes Immunsystem« wirkt wenig überzeugend und eher wie ein Schnupperkurs.
Laut Krüger liegt die Verantwortung für ein gutes Immunsystem letztlich bei jedem selbst, da der persönliche Lebensstil ganz entscheidend zu einem funktionierenden Abwehrsystem beitrage. Als thematischer Einstieg und Anstoß für eine Lebensstiländerung kann das Werk daher durchaus nützlich sein. Aus wissenschaftlicher Sicht kratzt es jedoch nur an der Oberfläche.
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