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Animalischer Arbeitseifer

Der Seidenlaubenvogel hat eine ausgeprägte Vorliebe für die Farbe Blau. Trotz seines glänzend blauschwarzen Federkleids verlässt sich das Männchen nicht, wie in Vogelkreisen eigentlich üblich, auf die Pracht seines Gefieders. Sondern es betätigt sich als "kunstsinniger Innenarchitekt". In der Balzzeit beginnt der Vogel eine Laube zu bauen, in die er möglichst viele Weibchen locken möchte. Um der Behausung hierfür Glanz zu verleihen, schmückt der Vogel den Vorplatz und die Wände mit allen blauen Gegenständen, die er finden kann. Nicht nur Beeren, Blütenblätter, Schmetterlingsflügel oder Vogelfedern müssen herhalten, sondern auch passend aussehender Zivilisationsmüll. Obendrein malt das Männchen seine Hütte blau an. Dazu zertritt es blaue Beeren zu Matsch und nutzt als Pinsel entweder ein Holzstückchen oder den eigenen Schnabel.

Mario Ludwig entführt seine Leser in eine faszinierende Welt, in der wir Tiere als "Stararchitekten", geschickte Baumeister und fleißige Handwerker erleben. Der Biologe und Naturbuchautor hat bereits mehr als 20 Bücher veröffentlicht und ist von zahlreichen Auftritten in Rundfunk und Fernsehen bekannt. In seinem Buch zeigt er, dass auch Tiere buddeln, mauern, kleben und nähen können. Fesselnd erzählt er, wie dabei verblüffende Singlewohnungen, Luftschlösser, unterirdische Millionenstädte, gewaltige Wolkenkratzer, Wohnmobile, soziale Wohnbauten und sogar Gefängnisse entstehen.

Auf sechs Beinen ins Bienenkittchen

So verfügen Bienen in Südafrika über ein effizientes Abwehrsystem gegen ihren ärgsten Feind, den Kleinen Beutenkäfer (Aethina tumida): In den Bienenstock eingedrungene Krabbler stecken sie einfach in den "Knast". Während einige Honigsammlerinnen den unerwünschten Eindringling in Schach halten, bauen herbeigerufene Artgenossinnen um ihn herum ein Wabengefängnis aus einer harzartigen Masse. "Wächterbienen" sorgen anschließend dafür, dass der Käfer nicht ausbricht.

Tiere haben auch das größte Bauwerk der Welt erschaffen. Das Great Barrier Reef nordöstlich von Australien ist das Werk von unzähligen Steinkorallenpolypen, jeder kaum größer als ein Stecknadelkopf. Die Miniwesen, die in riesigen Kolonien leben, nehmen Kalzium und Kohlendioxid aus dem Meerwasser auf und wandeln es in Kalk um – den Grundbaustoff jeden Korallenriffs. Mit mehr als 2300 Kilometer Länge und 370 Kilometer Breite ist das Great Barrier Reef nicht nur das größte Riff der Welt, sondern überhaupt die gewaltigste von Lebewesen erschaffene Struktur auf der Erde.

Kluge Menschenaffen

Ludwig lässt neueste wissenschaftliche Erkenntnisse in sein Buch einfließen ebenso wie allerlei Kuriosa. So erfahren die Leser, weshalb der Buntspecht keine Kopfschmerzen bekommt, obwohl er mit dem Schnabel 20-mal pro Sekunde auf Bäume einschlägt. Staunend nimmt man zur Kenntnis, dass Maulwürfe einem Regenwurm sorgsam den Darm ausquetschen, bevor sie ihn verspeisen; dass Präriehunde ihren Artgenossen detailliert beschreiben, ob beispielsweise ein kleiner oder ein großer Kojote im Anmarsch ist; und dass eine indonesische Legende besagt, Orang-Utans könnten zwar reden, täten es aber nicht, weil sie befürchteten, dann arbeiten zu müssen.

"Genial gebaut!" ist äußerst unterhaltsam. Das Werk macht klar: Dank außergewöhnlicher Materialien und sensationeller Fähigkeiten sind tierische Baumeister den menschlichen oft weit voraus. Das Buch setzt keinerlei biologische Kenntnisse voraus und lässt sich somit allen Interessierten empfehlen. Einziges Manko: Zwar lockern etliche Schwarzweißfotos und -illustrationen den Text auf, doch bei diesem Thema hätten es ein paar mehr Bilder sein können, vor allem solche in Farbe.

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