Maßgeschneiderte Menschen?
Mit dem CRISPR/Cas-Verfahren lässt sich das Erbgut schneller, einfacher und billiger verändern als je zuvor. Bereits jetzt haben Forscher es bei zahlreichen und unterschiedlichsten Spezies angewendet, und ständig schwebt die Frage im Raum, in welchem Zusammenhang es auch beim Menschen zum Einsatz kommen könnte. Wohin führt es, wenn wir anfangen, unser Genom zu modifizieren? Dem geht dieses Buch nach.
Der Autor Paul Knoepfler ist Biologe und Stammzellforscher. In dem Werk wirft er viele Fragen auf: Sind "naturbelassene" Menschen irgendwann Homo sapiens zweiter Klasse, die sich den genomeditierten unterordnen müssen? Was macht das mit unseren Werten? Der Biologe bringt seine Faszination gleichermaßen wie seine Bedenken zum Ausdruck. Dabei bettet er das CRISPR/Cas-Verfahren in den übergreifenden Kontext der Gentechnologie und -forschung ein.
Kritischer Ausblick
Angefangen bei genmodifizierten Pflanzen und Tieren geht der Autor auf Themen wie künstliche Befruchtung und Klonen von Menschen ein und umreißt sogar eine "Bastelanleitung" für genetisch veränderte Homo sapiens. Mit historischen Einordnungen, fachlich fundierten Beschreibungen einzelner Methoden und einem kritischen Ausblick auf mögliche Zukunftsszenarien zeichnet er ein differenziertes Bild. Er spricht von großen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Scientific Community. Genom-Editing-Verfahren wie CRISPR/Cas könnten helfen, Erbkrankheiten zu besiegen, indem sie es erlauben, dysfunktionale Gene durch intakte zu ersetzen. Doch sind die Möglichkeiten des Verfahrens damit noch lange nicht erschöpft: Theoretisch lässt sich nahezu jedes Merkmal eines Menschen im Embryonalstadium modifizieren. Die so veränderten Individuen würden ihre manipulierte DNA weitervererben – ein unumkehrbarer Eingriff.
Die einschlägige Forschung ist geprägt von der jeweils länderspezifischen Gesetzgebung. In Deutschland greift hier momentan das Embryonenschutzgesetz, wie aus dem Buch hervorgeht: "So ist es untersagt, Embryonen zu erforschen und zu 'verbrauchen'. Für einen erfolgreich genetisch 'verbesserten' Menschen benötigt man jedoch eine Vielzahl an Embryonen, um an ihnen zu 'üben'. Hierzulande dürfen Ärzte allerdings eine Eizelle nur dann künstlich befruchten, wenn eine Schwangerschaft das Ziel ist." In China hingegen sei die Gesetzgebung wesentlich durchlässiger. Dort haben Forscher das Genome-Editing-Verfahren auch schon an menschlichen Embryonen getestet.
China ebenso wie die USA könnten eine Vorreiterrolle in Sachen genomeditierte Menschen einnehmen, schreibt der Autor. Er appelliert, eine öffentliche und politische Debatte dazu anzustoßen, damit die Gesellschaft die Entwicklung mitbestimmen kann – zumal in der Bevölkerung mehrheitlich Skepsis und Ablehnung vorherrschen. Dem widmet er ein eigenes Kapitel namens "Kulturelle Ansichten zur Genmodifikation beim Menschen". Unter anderem arbeitet er auf, wie Kunst und Kultur sich dem Thema widmen und inwiefern Sciencefiction schon bald Wirklichkeit werden könnte. Ob und in welchem Ausmaß öffentliche Dispute die Kursrichtung der Forschung tatsächlich mitbestimmen können, ist angesichts der damit verbundenen, starken wirtschaftlichen Interessen zwar fraglich. Mit seinem Buch hat Knoepfler aber einen guten Beitrag zur Debatte geliefert.
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