Einstieg in die Geologie
Die Buchreihe "Für Dummies" bereitet komplexe Themen und Fachgebiete sowohl allgemeinverständlich als auch unterhaltsam auf. Nun ist in dieser Serie die deutsche Übersetzung eines Werks über Geologie erschienen (das englischsprachige Original ist von 2011). Auf rund 360 Seiten sollen 24 Kapitel – nebst einer Einführung – ebenso viele Schwerpunkte des Fachs anschaulich vermitteln. Von der Entstehung des Planetensystems bis zum Aufbau der Erde, von gesteinsbildenden Prozessen bis zur Entwicklung des irdischen Lebens kommen alle wichtigen Aspekte vor.
Geologie gehört zu den Naturwissenschaften. Deshalb ist es einerseits logisch, andererseits aber auch ungewöhnlich, dass sich eines der Buchkapitel ganz allgemein der naturwissenschaftlichen Denkweise widmet. Autorin Alecia Spooner, die Geowissenschaften an Universitäten unterrichtet, beschreibt in diesem Kapitel, wie Wissenschaftler von Beobachtungen über Hypothesen zu Theorien fortschreiten. Mit einem Exkurs in die Chemie macht sie dem Leser deutlich, dass Geologie keine Disziplin im Elfenbeinturm, sondern stark mit anderen Fachgebieten vernetzt ist.
Tertiär statt Paläo- und Neogen
Gestützt auf geowissenschaftliches Grundwissen umreißt Spooner die Entstehung des Lebens, den Fortgang der Evolution und die irdischen Massenaussterben, von denen es nach gängiger Zählung fünf gab. Auf das Thema Zeit geht sie besonders intensiv ein. Ausführlich behandelt sie die Chronometrie, den Ablauf geologischer Prozesse und die verschiedenen geologischen Zeitalter. Leser mit fachlichen Vorkenntnissen dürften sich an Spooners geologischer Zeitskala stören, die noch das Tertiär aufführt (es wurde 2004 von der Internationalen Stratigraphischen Kommission abgeschafft). Abgesehen von diesem Lapsus ist das Werk aber auf der Höhe der Zeit.
Mit gelungenen Vergleichen veranschaulicht die Autorin komplexe Sachverhalte. Dabei greift sie meist eingängige Analogien aus dem Alltag auf. Beispielsweise zieht sie eine Parallele zwischen Kontinenten, die auf dem Erdmantel schwimmen, und Eisbergen im Wasser. Ein Vergleich, der die Bedeutung der Isostasie – des Massengleichgewichts zwischen Erdkruste und Erdmantel – rasch klar macht.
Wer die Lektüre geologischer Lehrbücher gewohnt ist, wird sich freilich über den ungewöhnlichen roten Faden wundern. Der Band beginnt nicht, wie sonst üblich, mit einer Bestandsaufnahme geologischer Methoden und des Stoffbestands der Erde. Stattdessen steigt er mit der Betrachtung eines greifbaren Objekts ein – etwa eines Steins, wie man ihn auf der Erde leicht finden und untersuchen kann. Kapitel für Kapitel werden die Informationen zunehmend dichter, führen aber dennoch anschaulich an die Komplexität des Fachs heran. Obwohl die Kapitel aufeinander aufbauen, hat die Autorin sie intern so strukturiert, dass sie jeweils in sich geschlossen und verständlich sind und in beliebiger Abfolge gelesen werden können. Das Aufeinanderfolgen der kapitelweisen Einzelstränge hat jedoch auch Nachteile – so wird der Unterschied zwischen Lava und Magma gleich mehrfach erklärt und der Textfluss häufig von Rückverweisen auf vorherige Abschnitte unterbrochen. Es dauert ein wenig, bis man gelernt hat, diese zu ignorieren und den Text frei zu lesen.
Literaturverweise erwünscht
Das Werk eignet sich gut dafür, Neugier auf geowissenschaftliche Themen zu wecken. Geneigte Leser dürften Lust bekommen, selbst in Steinen zu lesen – die Autorin betont schon eingangs: "Geologie ist überall". Seltsamerweise endet das Buch jedoch sehr abrupt. Wer nach der abschließenden Darstellung menschlicher Eingriffe in geologische Prozesse sowie von Georisiken (Erdbeben, Vulkanausbrüche, Flutwellen und andere) neugierig geworden ist, dem bleibt nicht das mühselige Suchen nach geeigneter weiterführender Literatur erspart. Von einem Werk "für Dummies" kann und soll man kein detailliertes Publikationsverzeichnis erwarten, die Auflistung einiger laienverständlicher Standardwerke hätte dem Band jedoch gut zu Gesicht gestanden.
Die Übersetzerin hat die Leichtigkeit der Originalsprache gut aufgefangen, was ihr hoch anzurechnen ist. Vermutlich sind ihr auch die eingeflochtenen Beispiele für den europäischen beziehungsweise deutschen Raum zu verdanken.
Unterm Strich eignet sich das Buch wegen seiner erfrischenden Andersartigkeit gut dafür, um geowissenschaftlichen Laien die Grundlagen der Disziplin zu vermitteln. Fortgeschrittene und Fachkundige werden dem Werk kaum Neues abgewinnen können, dürften aber Freude an der unterhaltsamen Aufbereitung haben.
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