Zufriedenheit beginnt im Kopf
Ob bei der eigenen Hochzeit, der Geburt des ersten Kindes, der lang ersehnten Traumreise oder einfach nur dem letzten Konzert der Lieblingsband – einen echten Glücksmoment hat hoffentlich jeder Mensch in seinem Leben schon einmal erlebt. Weit weniger wissen aber vermutlich darüber Bescheid, was es mit dem Glück auf biologischer Ebene auf sich hat. Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir so richtig beschwingt sind und die ganze Welt umarmen könnten? Welche Zellen und Botenstoffe sind dafür verantwortlich? Warum verlernen Menschen mit bestimmten Krankheiten das Zufriedensein auf einmal – und warum ist es in der Vergangenheit eine so wichtige Triebfeder der Evolution gewesen? Wer Antworten auf diese Fragen sucht, der ist mit "Glücksgefühle" von Christof Kessler gut bedient. Auf knapp 400 Seiten schildert der Neurologe und Sachbuchautor, was Psychologen und Hirnforscher in den vergangenen Jahrzehnten über das Glücklichsein herausgefunden haben.
Synapsen und Transmitter
In der ersten Hälfte des Buchs bekommt der Leser vor allem einen kleinen Crashkurs in Sachen Neurowissenschaften. Kessler erklärt, wie das Gehirn aufgebaut ist, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren und wie die Magnetresonanztomografie Wissenschaftlern zu immer neuen Erkenntnissen verhilft. Besonders ausführlich widmet er sich dem limbischen und dem mesolimbischen System sowie den zahlreichen Neurotransmittern, die an unserem Glücksempfinden beteiligt sind. Um zu veranschaulichen, was passieren kann, wenn unser Gehirn an der einen oder anderen Stelle nicht mehr ordnungsgemäß arbeitet, streut er immer wieder Patientengeschichten aus seinem Arbeitsalltag ein.
Das Buch ist in zwölf Kapitel gegliedert, die zudem zahlreiche Unterkapitel aufweisen. Diese umfassen vielfach nur eine oder zwei Seiten und liefern dem Leser Informationen übersichtlich in kleinen Häppchen. Manche Unterkapitel sind dabei eher lose mit dem Thema "Glück" verknüpft und handeln stattdessen von anderen spannenden Befunden aus der Hirnforschung. So geht es mitunter auch um die neurobiologischen Grundlagen der Kreativität oder um die Lobotomie und andere gruselige Behandlungsmethoden, mit denen Ärzte in der Vergangenheit versucht haben, die Gefühlswelt und das Verhalten ihrer Patienten in den Griff zu bekommen.
Kessler beschreibt die Vorgänge im Gehirn einfach und anschaulich. Kontroversen um einzelne Themen oder Forschungsergebnisse kommen eher selten zur Sprache. "Glücksgefühle" richtet sich damit alles in allem eindeutig an interessierte Laien, die zwar gern etwas tiefer in die Neurobiologie des Glücks einsteigen möchten, aber noch keine großen Vorkenntnisse im Bereich der Hirnforschung mitbringen. Alle anderen Leser werden sich bei der Lektüre des Buchs vermutlich ein wenig langweilen.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben