Das Gras der Erde
Bambus ist Gras? Das fragt sich vielleicht der eine oder die andere, die den vorliegenden Bildband aufschlagen und dabei ein ganzes Kapitel über diese Gewächse entdecken. Bambus zählt tatsächlich zu den Süßgräsern, jenen krautigen Pflanzen, um die sich das Buch dreht. Das Besondere an dem Werk, das am 21. September erscheint: Es bietet nicht nur wunderschöne, detailreiche Aufnahmen von Gräsern, sondern auch herausragende Fotos von Bewohnern verschiedener Graslandschaften. Die Bilder des Fotografen Ingo Arndt sind nach den Kategorien Pampa, Prärie, Steppe und Savanne geordnet. Wer Probleme damit hat, diese Landschaftsformen auseinanderzuhalten, kann hier etwas lernen. Zudem finden sich Kapitel über die Everglades, über Schilf und eben über Bambus.
Der Bildband lässt sich auf zweierlei Weise lesen. Zum einen lohnt es, die Anfangstexte jedes Kapitels einfach zu übergehen und nur die Bilder auf sich wirken zu lassen. Diese sind ausdruckstark, fesselnd und bedecken mitunter eine komplette Doppelseite, was bei dem Buchformat von 27 mal 32 Zentimetern sehr groß ist. Dort stören dann weder Bildunterschriften (diese sind auf die umliegenden Seiten ausgelagert) und noch nicht einmal Seitenzahlen den optischen Eindruck. Zu sehen ist beispielsweise ein rotbraunes Auge inmitten runzliger, grauschwarzer Haut mit einem seitlich abstehenden, gekerbten Horn. Erst nach einer Weile erschließt sich, dass es der Kopf eines Kaffernbüffels ist – eines Bewohners der afrikanischen Grassavanne.
Kampf der Langhälse
Daneben gibt es Fotostrecken von bis zu vier kleineren Aufnahmen pro Doppelseite. Zum Beispiel von zwei Giraffen, die ihre Hälse verschränken und die Köpfe aneinanderschmiegen. Es sieht aus, als würden die Tiere schmusen; die Bildunterschrift belehrt aber eines Besseren: Hier spielt sich eine Auseinandersetzung um die Rangordnung ab.
Schon diese kurzen Bildbeschreibungen machen das Buch zur runden Sache. Noch mehr erfährt, wer zum anderen die Texte des Verhaltensforschers, Soziobiologen und Bienenexperten Jürgen Tautz liest. Dieser liefert lebhafte und unterhaltsame Hintergrundbeschreibungen der jeweiligen Graslandschaften und ihrer Bewohner. Dabei gelingt es ihm, auf fast alle Lebewesen einzugehen, die auf den Fotos dargestellt sind, ohne dass der Text konstruiert wirkt.
Der Band besticht außerdem mit seinen geradezu künstlerischen Abbildungen verschiedenster Gräser. Naturaufnahmen wechseln sich ab mit Studiofotos von filigranen und farbenfrohen Gewächsen vor weißem Hintergrund. Das alles ist sehr gekonnt und optisch ansprechend präsentiert, woran Silke Arndt ihren Anteil haben dürfte, die als ausgebildete Grafikdesignerin die Gestaltung übernahm. "GrasArt" spricht sowohl das Auge als auch den Geist an.
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