»Hallo Roboter!«: Vorsicht, Suchtgefahr für Kinder!
Smartphones, sprechende Spielzeuge, Katzenvideos, Roboter, die Schularbeiten machen, und endlose Online-Spiele sind für Kinder ebenso verlockend wie das Knusperhäuschen im Märchen für Hänsel und Gretel. Keiner warnte die beiden vor den Folgen des ungezügelten Zuckergenusses oder der bösen Hexe, die ihren Tribut verlangte.
CosiCosa und Ana Seixas wollen das ändern und Kinder befähigen, das Internet zwar kreativ zu nutzen, aber auch die Gefahren zu erkennen. CosiCosa ist ein Verein, der Kinder mit Bildungsprogrammen an neue Technologien heranführen, ihnen aber auch einen kritischen Blick auf die digitalen Versprechungen vermitteln will. Ana Seixas ist eine portugiesische Grafikdesignerin, aus ihrer Feder stammen die bunten Illustrationen im Buch.
Ein Reiseführer durch die digitale Welt
»Hallo Roboter!« handelt aber nicht – wie es der Titel suggeriert – nur von autonomen Maschinen, sondern es geht um alle digitalen Angebote im Internet. Es ist ein Bilderbuch mit Texten, das sich direkt an Kinder oder Jugendliche wendet. Neben vielen bunten Illustrationen und Seiten, die manchmal fast wie Wimmelbilder erscheinen, enthält das Werk viele sachliche Informationen. Es beantwortet Fragen wie: Wer hat die ersten Roboter erfunden? Wo im Alltag arbeiten schon intelligente Maschinen im Haushalt? Kann eine Maschine intelligent sein? Wie lernt eine KI, dass schwarze runde Flecken auch ein Dalmatiner sein können?
Daneben zeigt das Buch schnell die Gefahren auf, die in den smarten Verlockungen stecken. Zwei Protagonisten wissen, dass Alexa alles abhört, und verstecken sich unter einer Decke, um leise flüsternd Geheimnisse auszutauschen. Oder es wird erklärt, wie eine künstliche Intelligenz die Vorurteile der Gesellschaft übernimmt, wenn etwa bei Bewerbungen Frauen benachteiligt werden. Oder wie Menschen in bestimmten Stadtteilen keinen Kredit mehr erhalten, weil die KI nur die Postadresse als Grundlage nimmt. Auf zwei Seiten kann man seine eigenen Denkmuster überprüfen: Auf der einen Seite sind unterschiedliche Menschen gezeichnet, auf der anderen deren potenzielle Eigenschaften, die man ihnen zuordnen soll. Wer hätte »geht gern schwimmen« dem Rollstuhlfahrer zugeordnet? Oder der Oma »ist Comic-Fan«? Das Buch zeigt unmittelbar, warum eine KI zwangsläufig Personen diskriminiert: weil Menschen sie mit ihren eigenen Stereotypen programmieren.
Eine Stärke des Buchs sind die Aufforderungen, selbst nachzudenken oder nachzufragen. Würde man zu einem Roboter-Zahnarzt gehen? Oder in einen Bus ohne menschlichen Fahrer einsteigen? Und es zeigt Beispiele von Fake News, die man erkennen soll (nein, Molly Millions hat sich nicht einziehbare Klingen in ihre Fingernägel implantieren lassen). Besonders schön sind auch die Fragen, die Kinder ihren Eltern stellen können: Wie haben sie sich früher ohne Internet mit Freunden verabredet? Wo haben sie nach Informationen gesucht? Oder was haben sie während einer langweiligen Zugfahrt gemacht?
Nur eines passt im Buch nicht ganz zusammen. Die Bilder erscheinen wie für Kinder gemacht, aber die Texte richten sich eher an Erwachsene, so heißt es etwa: »Das Geschäftsmodell wird als Datenwirtschaft bezeichnet«, wenn Apps oder Spiele Daten sammeln und damit Geld verdient wird. Leider tauchen solche Sätze oft auf; zum Schluss werden sogar Studien empfohlen, alle in englischer oder spanischer Sprache. Da hätte etwas Überarbeitung einiges einfacher machen können.
Am Schluss steht eine Warnung vor ungezügeltem Genuss. »Vorsicht, Suchtgefahr« heißt das Kapitel und zeigt, dass Handys so designt sind, dass wir sie gerne lange in der Hand halten; mit welchen – meist kaum wahrnehmbaren – Tricks Streaming-Plattformen verhindern, dass man den Aus-Knopf drückt, oder wie Belohnungen unser Verhalten steuern. Eigentlich ist es auch ein Buch für Erwachsene, die sich im Knusperhäuschen »Internet« verirrt haben und Hilfe brauchen, die böse Hexe »Suchtgefahr« zu erkennen.
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