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Buchkritik zu »Humoristische Chemie«

"Das Jahr der.., des.., dem.." – Jedes Jahr, jedes Jahrhundert bekommt (vor)schnell sein PR-Logo. Das vorige – 2003 – war also "das Jahr der Chemie" im "Jahrhundert der Biologie". Auch Wilhelm II proklamierte bereits 1901 den Grafen Zeppelin zum größten Mann des Zwanzigsten! Wenn er es nur geblieben wäre!

Man kann das also zelebrieren, und das müssen die Chargierten; man kann es aber auch persiflieren und mit Schlitzaugen sehen, schon im Voraus mit Humor wattieren. Denn die Chemiker haben zünftige Selbstveräppelung im Metier, waren sie doch schon seit Liebigs (geboren 1803; zuletzt gefeiert 2003) Zeiten bekannt durch ihre Saalkneipen mit Selbstdestilliertem und gewürzten Bierzeitungen. Diese Tradition hat in specie spiritus der nun fast schon legendäre, blitzgescheite und lipperiskierende Jochen Rudolph (N. N.) vor allem in den Blauen Erstenaprilblättern der Gesellschaft Deutscher Chemiker, dann währschafte Köpfe seit nunmehr 50 Jahren fortgeführt – ein natürlich zu feierndes Jubiläum also. Gemeinsam aus der vollen Quelle haben die beiden professoralen und professionellen Chemiehumoristen einen augenpulvrigen Extrakt herausdestilliert und in einer stattlichen Retorte aufgefangen: Henning Hopf ist Literaturlorbeer umkränzt; Ralf Jakobi hat – es sei ohne Elitemaß verziehen, Mainzer-Karnevals- aber auch andere Talente...

Man zieht also Tagungen und deren Aktivisten durch den Kakao; betrachtet das soziale Umfeld mit physikalisch-chemischen Sinnen; blättert schmunzelnd durch die Journale; amüsiert sich über Nomenklatoriker und Ortografiker; hängt die No nonsens-Orden niedriger und bläst den Seifensiedern in den Schaum oder versucht sich an Drittmittelraffern neidlos und das Fließgleichgewicht auf Kosten des externen Energispenders Steuerzahler zu halten, Karrieren durch Spaßfaktoren zu überrunden und Computiertes zu amputieren, Säuren mit Basen zu versöhnen und doch den Diwan west-östlich stehen zu lassen.

Und das alles auf 270 (s. o.) Seiten. Manchem mag die Vielfalt zu viel sein, denn was dem ersten April recht ist, muss dem Alltag nicht billig sein, und Büttensitzungen haben ihre Jahreszeiten. Aber keiner muss das Hochprozentige auf einmal schlucken – Homöopathie ist angesagt. Mach' mal Pause, bevor Du lila wirst. Dann aber lachst Du zuletzt doch noch am besten. Probandum est!
  • Quellen
BIOspektrum 5/2004

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