Reise ins Innere eines Vulkans
Ulla Lohmann, Dokumentarfilmerin und Fotografin, arbeitete unter anderem für "National Geographic", die BBC und die ARD. Sie studierte Journalismus und Geografie zunächst in Mainz, später auch im Ausland und spezialisierte sich dabei auf Vulkane und indigene Völker. Ihr autobiografisch geprägtes Buch schildert eindrucksvoll, wie sie ins Innere des aktiven Vulkans Benbow auf der pazifischen Insel Ambrym abstieg. Es kostete Lohmann zehn Jahre, sich diesen Lebenstraum zu erfüllen – eine Zeit, die sie in dem Band schildert.
Die Autorin gliedert ihr Werk in sieben Kapitel. Zunächst beschreibt sie ihre Kindheit, ihren Gewinn bei "Jugend forscht", den frühen Tod ihres Vaters und schließlich erste Reisen. Weiter geht es mit ihrer ersten Besteigung des Benbow, die in ihr den Wunsch weckt, einmal bis zum Lavasee des Vulkans am Boden seines Kraters vorzudringen. Die Leser erfahren viel über die indigenen Bewohner Ambryms und deren Rituale, die zum Teil mit schwarzer Magie zu tun haben. Am Ende des Buchs schildert Lohmann schließlich, wie sie und ihre Expeditionspartner in den Feuerberg absteigen.
Geräusche aus dem Höllenschlund
Der Band liest sich wie eine Mischung aus Roman und Krimi. Die Autorin bezieht ihr Publikum gekonnt ins Geschehen ein. Immer wieder brechen Tagebucheinträge die Erzählung auf und lassen einen an Lohmanns Erlebnissen und Gefühlen teilhaben: "Der Vulkan murmelt. Geräusche direkt aus dem Schlund der Hölle rollen durch den Krater. Ich zittere." Nebenbei vermittelt die Dokumentarfilmerin viel Wissenswertes – etwa, dass jeder Vulkan sein eigenes Wetter erzeugt.
"Ich mach das jetzt!" gibt auch das allmähliche Erwachsenwerden der Autorin wieder. Nimmt sie zunächst als Beobachterin und Köchin an Naturexkursionen teil, wirkt sie nach und nach immer aktiver daran mit und leitet schließlich eigene Expeditionen. Sie findet Aufnahme in eine pazifische Dorfgemeinschaft, verliebt sich irgendwann in einen deutschen Kletterer und heiratet.
Lohmanns Ausführungen machen deutlich, wie ohnmächtig der Mensch gegenüber Naturgewalten ist. Bereits ein Wetterumschwung kann eine Expedition scheitern lassen und lebensbedrohlich werden. Das wirft die Frage auf, welche Gefahren man in Kauf nehmen darf, um wissenschaftliche Erkenntnisse zu erlangen. Wann ist es Zeit, sich der Natur zu fügen und vor ihr zu "kapitulieren"?
Hinterfragen nicht erwünscht
Eingehend befasst sich die Autorin mit der schwarzen Magie der Indigenen auf Ambrym. Dabei thematisiert sie den Gegensatz zwischen der Wissenschaft, die für alles eine Erklärung zu finden sucht, und dem Unerklärbaren im Kult der Einheimischen. Diesen müssen die Expeditionsteilnehmer anerkennen, da sie bei ihren Expeditionen auf die Unterstützung der Einwohner angewesen sind: "… mein Leben lang haben meine Eltern mir beigebracht, dass es gut ist, Fragen zu stellen und Dinge wissen zu wollen. (…) Hier war alles so anders. Ich musste lernen, zu akzeptieren und nicht zu hinterfragen." Nur so war es Lohmann und den anderen Expeditionsteilnehmern möglich, in den Vulkan abzusteigen, erstmals Messungen am Lavasee vorzunehmen und Daten zu sammeln, die eine genauere Vorhersage künftiger Ausbrüche erlauben. Zudem drehten die Forscher das erste 360-Grad-Video aus dem Innern eines aktiven Vulkans überhaupt.
Das Buch lässt sich Reiselustigen, Naturinteressierten und Liebhabern spannender Geschichten empfehlen.
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