Schludriger Schnelldurchgang
An eine knappe Darstellung der Geschichte der Philosophie haben sich schon viele gewagt. Das Besondere am Werk von Martin F. Meyer, Privatdozent für Philosophie an der Universität Koblenz-Landau, ist die üppige Bebilderung. Allerdings steigern die vielen Porträts, Landschaftsaufnahmen und Dokumente kaum den Informationsgehalt des Buchs. Der Text bezieht sich nur selten auf sie, und so bleibt es ein weitgehend zusammenhangloses Nebeneinander.
Grau unterlegte Kreise ergänzen die Bebilderung; sie liefern zentrale Daten oder kurze Überblicke, beispielsweise zu den wichtigsten Denkern einer Epoche oder einer bedeutsamen Theorie. Teils ist das durchaus erhellend, ähnlich manchen hervorgehobenen Zitaten großer Philosophen.
Am Ende des Buchs findet der Leser einen Zeitstrahl, der die wichtigen philosophischen Strömungen, Denker und historischen Ereignisse von 600 v. Chr. bis heute aufzeigt. Dass jene Auswahl die Sichtweisen und Vorlieben des Autors spiegelt, lässt sich kaum vermeiden, erscheint aber nicht weiter dramatisch, zumal sich Meyer am philosophischen Mainstream orientiert. Heikel ist dagegen, dass er sich angesichts des knappen Raums, der ihm für die gesamte Philosophiegeschichte zur Verfügung steht, allzu ausführlich um zusammenhanglose biografische Details kümmert.
Verengte Darstellung
Hin und wieder gelingt es dem Philosophen zwar, einen komplizierten Sachverhalt so einfach wie einleuchtend darzustellen. Oft aber benutzt er nicht weiter erläuterte, für Laien unverständliche Fachbegriffe. Vor allem jedoch bleiben seine Darstellungen häufig einseitig. Søren Kierkegaards Philosophie verengt er auf die Langeweile. Und Hannah Arendts Bericht "Eichmann in Jerusalem" habe "entscheidend zur Aufklärung über die Gräuel der NS-Zeit" beigetragen, was weder der Intention Arendts noch der Bedeutung des Texts entspricht, handelt es sich doch vielmehr um eine Kritik am Prozess und um eine Tätertypologie, die über NS-Verbrecher weit hinausreicht. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen.
Noch schwerwiegender sind die historischen Ungenauigkeiten. So soll Walter Benjamin 1940 auf der Flucht "ums Leben" gekommen sein. Nein, er beging Selbstmord. Mit seiner Verlobten verband Søren Kierkegaard angeblich eine "unglückliche Liebe". Nein, er hat sich vorsätzlich schlecht benommen, um sie zu zwingen, mit ihm Schluss zu machen.
Nun kann man einem Autor, der einen Schnelldurchgang durch die Philosophiegeschichte unternimmt, die eine oder andere Schludrigkeit durchaus nachsehen. Leider häufen sich solche Fehler, weswegen das Buch eigentlich gründlich überarbeitet werden müsste. An wen es sich überhaupt richtet, Laien oder Fachleute, bleibt noch dazu unklar. Doch unabhängig von der anvisierten Leserschaft: Gemessen an dem offenkundigen Bemühen, einen verständlichen und schön illustrierten Überblick über die Geschichte der Philosophie zu liefern, ist die Lektüre enttäuschend.
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