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»Kat Menschiks & des Psychiaters Doctor medicinae Jakob Hein Illustrirtes Kompendium der psychoaktiven Pflanzen«: Farbenfroher Pflanzenrausch

Das »Kompendium der psychoaktiven Pflanzen« ist ein farbenprächtiger Trip in die Welt der psychoaktiven Pflanzen.
Der Wasserfarn Azolla Imbricata.

Alles begann mit einem Besuch des Autors Jakob Hein im Garten von Illustratorin Kat Menschik. Eigentlich wollte Hein ein »möglichst schlimmes Buch über Pflanzen« schreiben, wie im Vorspann zu lesen ist: »schreckliche Verrisse von Brennnesseln« zum Beispiel. Doch damit war Menschik nicht einverstanden, »denn sie liebt die uns umgebende Natur«. Sie beschlossen, stattdessen ein Buch über Pflanzen, die die Psyche beeinflussen, zu schreiben und zu illustrieren.

Kat Menschik ist freie Illustratorin. Das aktuelle Buch gehört zu ihrer Reihe Lieblingsbücher. Der Arzt Jakob Hein arbeitet als Psychiater und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. 

Im aktuellen Buch legt der Autor die Definition einer psychoaktiven Pflanze nicht besonders eng aus: Er schreibt auch über Aphrodisiaka – Pflanzen, die die Liebesfähigkeit beeinflussen – und über die »Götterspeise« Kakao. Denn fast jede Pflanze könne eine psychoaktive Wirkung haben, wie er bei seiner Recherche feststellte. So musste Hein eine Auswahl aus über 500 beschriebenen psychoaktiven Pflanzen treffen: Er hat »wie ein fröhlicher Gärtner einige besonders schöne ausgewählt«, die er in neun Kapiteln vorstellt.  Nicht ohne vorher zu warnen: »Ich rate vom Konsum der meisten hier erwähnten Pflanzen ab.«

Menschen haben zu allen Zeiten und auf allen Erdteilen auf jede erdenkliche Art Pflanzen konsumiert – wenn dadurch eine psychische Wirkung eintrat, wurde der Konsum verfeinert: »Der Mensch liebt den Rausch«, so die Folgerung des Psychiaters. Und: »Sehr viele Wege führen zu einem Rausch.« 

Die Kulturgeschichte der psychoaktiven Pflanzen nimmt einen Großteil des Buches ein: So erfährt der Leser nicht nur von den giftigen, medizinischen und halluzinogenen Wirkungen der Pflanzen, sondern auch, wie und wann der Mensch die Pflanzen verwendet und wie sich der Konsum verbreitet hat. So beschreibt Hein im Kapitel über das alkoholische Getränk Absinth die neurotoxische Wirkung von Thujon aus der Wermutpflanze, aber auch die Verbreitung von Absinth von Frankreich aus über die Welt – durch das französische Militär. Missbrauch führte schließlich zu Verboten – und zur Schöpfung eines neuen Getränks ohne Wermut: Pastis.

Der Leser erfährt, wie es zum Kat-Kauen in Ländern am Golf von Aden (unter anderem in Jemen) kam, während die australischen Aborigines Pituri und südamerikanische Ureinwohner Coca-Blätter kauten. »Kat ist ebenso fest in den Kulturen seiner Haupt-Konsumländer integriert wie der Alkoholkonsum in der westlichen Welt.« Apropos Alkohol: Auch für dieses Kapitel geht der Autor weit in die Geschichte zurück: Erste Hinweise auf das Bierbrauen fand man auf sumerischen Keilschrifttafeln aus Mesopotamien. Und: »Schon Affen konsumieren gern und regelmäßig alkoholische Getränke.« Die alkoholische Gärung ist »die am weitesten verbreitete Art, Pflanzen zu einer psychoaktiven Substanz zu verarbeiten«. 

Ursprünglich aus Südamerika stammt die Tabakpflanze (Nicotiana tabacum), die dort auf fast jede erdenkliche Weise konsumiert wurde. Aus den portugiesischen Kolonien kam Tabak im 16. Jahrhundert nach Portugal und Frankreich. Das Gift der Pflanze, Nikotin, ist »eine der wohl stärksten psychoaktiven Substanzen überhaupt« – und »hat von allen Rauschmitteln das höchste Abhängigkeitspotenzial«. 

Für psychoaktive Pflanzen muss man aber nicht weit reisen: Zu finden sind sie auch im heimischen Garten (Goldlack und Dictamnus), auf der Fensterbank (Alpenveilchen und Amaryllis, eigentlich Ritterstern) und im eigenen Gewürzregal, zum Beispiel Muskatnuss, Paprika und Salbei: Dieses Kraut galt im Altertum als Allheilmittel und wird auch heute noch vielfältig eingesetzt – außer der Azteken-Salbei (Salvia divinatorum). Da er Halluzinationen auslösen kann, fällt diese Salbei-Art seit 2008 unter das Betäubungsmittelgesetz.

Vom Rausch zum Farbrausch

Viele solche interessanten Fakten über psychoaktive Gewächse findet man in diesem Kompendium – auf den ersten Blick auffallend ist es aber durch einen wahren Farbrausch der fast psychodelischen Zeichnungen von Kat Menschik. Die Texte werden wild und knallbunt ergänzt, illustriert und aufgewertet. Der Autor sieht sich daher auch als »Background-Sänger«, der die »Hauptattraktion« gekonnt unterstützt: die »großartige und wunderschöne Gestaltung durch die Buchkünstlerin Kat Menschik, mit der ich am Anfang im Garten saß und Kuchen aß«.

Die Illustratorin hat das Thema des Buches zum Anlass genommen, »so richtig über die Stränge zu schlagen«, wie Menschik im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte. Die Zeichnungen wurden gedruckt mit sechs verschiedenen, einzeln angemischten Echtfarben – von Knallgelb über Giftgrün bis Neonpink –, also nicht im sonst üblichen Rasterdruck. »Das bewirkt, dass die einzelnen Farben viel, viel leuchtender sind als normal zusammengesetzte Farben«, so Menschik über das aufwendige Druckverfahren.

Die Zeichnungen sind zum Teil übereinander gelagert, die Bilder scheinen zu verschwimmen – passend zum Thema. Teilweise leidet die Lesbarkeit des Textes dadurch etwas, wenn die bunten Zeichnungen darüber liegen – aber das sei Absicht, so Menschik.

Das kleine Buch eignet sich zum Schmökern – locker führt Jakob Hein mit überraschenden Fakten durch die psychoaktive Pflanzenwelt und die Geschichte des Rausches, während man sich an den schönen farbenfrohen Zeichnungen von Kat Menschik optisch berauschen kann!

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