Als Wassertrinken lebensgefährlich war
Was Zeitreisende zu erwarten hätten, wenn sie sich rund 1000 Jahre zurück ins Mittelalter katapultieren ließen, erfährt der Leser in dem fesselnd geschriebenen Buch von Ian Mortimer. Den englischen Historiker interessieren nicht so sehr gewaltige Schlachten, Kriege oder denkwürdige Ereignisse, sondern eher das profane tägliche Geschehen.
Mortimer beschreibt eine uns vollkommen fremde Welt, in der das lauteste Alltagsgeräusch das Läuten der Kirchenglocken war. Gewalt beherrschte das tägliche Leben ebenso wie derber Humor. Der Autor schildert, wie sich die Menschen damals ernährten, worüber sie lachten und wie sie feierten, wie sie sich kleideten und welche Mahlzeiten sie zubereiteten. Er geht aber auch darauf ein, wie es in den engen Gassen der damaligen Städte roch, und wie – und mit was – sich die Menschen den Allerwertesten abwischten.
Die Umweltverschmutzung der Ritter, Mönch' und Bauersleut
Um die hygienischen Verhältnisse war es im Mittelalter nicht sonderlich gut bestellt. Überlaufende Jauchegruben verseuchten das Grundwasser; Flusswasser galt als ungenießbar, weil Schlachtabfälle und menschliche Fäkalien dort eingeleitet wurden. Das Trinken von Wasser, für uns heute selbstverständlich und als gesund angepriesen, konnte im Mittelalter lebensgefährlich sein.
Auch mit der viel gepriesenen Ritterlichkeit war es nicht weit her. Galante Edelleute vergewaltigten Nonnen, plünderten Klöster und Kirchen und überfielen Hochzeitsgesellschaften. Überhaupt waren Gewaltexzesse an der Tagesordnung; nicht zuletzt wegen der zahlreichen marodierenden Jugendbanden. Starker Alkoholkonsum spielte dabei eine wesentliche Rolle.
Neben vielem Grundsätzlichen über den Alltag erfährt der Leser allerlei Kurioses. Etwa, dass man Mundgeruch mit Zahnpulver und dem Lutschen von Lakritzpastillen bekämpfte. Krankheiten wurden nach dem Stand der Planeten behandelt, Benimmratgeber geißelten das Rülpsen, Furzen und Schmatzen bei Tische.
Bislang zählten das Alltagsleben und die damit verbundenen gesellschaftlichen Fragen eher zu den weißen Flecken der Mediävistik. Mortimer jedoch wirft ein Schlaglicht darauf und leuchtet so das vermeintlich "Dunkle Mittelalter" aus. Langeweile kommt da keine auf!
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